Forum 5 „BGM und Klimaschutz: Neue Verantwortlichkeiten, Regeln und Prozesse“

Datum: Mittwoch, 10.04.2024

BGM und Klimaschutz schön und gut – aber wie können KMU es organisieren?

BGM und Klimaschutzmanagement sind Querschnittsaufgaben, die von strategischer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sind und gleichzeitig hohe Anforderungen an Schnittstellenmanagement, Kommunikation und Transformationskompetenz stellen. Dazu kommt, dass BGM und Klimaschutz inhaltlich in engem Zusammenhang miteinander stehen. Wie organisiert man dies in KMU wirkungsorientiert und effizient?

Im Rahmen des 5. Forums beleuchteten mehrere Praxisimpulsvorträge und eine Diskussionsrunde zunächst BGM und Klimaschutzmanagement mit ihren jeweiligen Prozessen, Verantwortlichkeiten und Indikatoren, um auf dieser Basis Schnittstellen und Synergien zu identifizieren.

Lars Schirrmacher von der Schirrmacher Gesundheitsmanagement GmbH stellte den idealtypischen BGM-Prozess vor, bestehend aus dem sogenannten 6 + 1 Schritte-Modell: (1) Ziele und Strategien, (2) Struktur, (3) IST-Analyse, (4) Feinziele, (5a) Maßnahmen, (5b) Sensibilisierung, (6) Erfolgskontrolle und Evaluation.

Um diese Schritte systematisch zu implementieren, benötigt es Strukturen, Prozesse und Verantwortlichkeiten, die bei größeren Unternehmen von mehreren Personen koordiniert und bei kleineren Unternehmen auch effizient von einer Person verantwortet werden können. Das Aufgabenfeld der verantwortlichen Person(en) umfasst folgende Aufgaben:

  • Steuerung des gesamten Prozesses
  • kontinuierliche Verbesserung und Weiterentwicklung
  • regelmäßige Überprüfung und ggf. Anpassung der Zielsetzung, der Methoden und der Instrumente zur Zielerreichung
  • Terminplanung und -koordination
  • Dokumentation des Gesamtprozesses
  • Sicherstellen der regelmäßigen Kommunikation an alle Beteiligten
  • Delegation, Koordination und Steuerung von Teilaufgaben
  • Vorbereiten und Herbeiführen von Entscheidungen durch entsprechende Instrumente (Workshops, Gesundheitszirkel) inkl. Moderationstätigkeiten
  • Berücksichtigung neuer Entwicklungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse
  • Hierarchie- und fachübergreifende Moderation innerbetrieblicher Prozesse
  • Koordination externer Dienstleistungen z. B. Krankenkassen, Rentenversicherung Berufsgenossenschaften usw.

Mit knapper werdenden Ressourcen stellt Effizienz und ein bürokratiearmes Kennzahlenmanagement eine wichtige Priorität dar, gerade bei KMU. Prof. Dr. Martin Lange von der IST Hochschule für Management und Vorsitzender des Bundesverbands BGM hob die Bedeutung eines aussagekräftigen Kennzahlensystems für gutes BGM hervor. Es gibt verschiedene Arten von Kennzahlen: Treiber-, Früh- und Spätindikatoren. Zu den Treiberindikatoren gehören beispielsweise: Arbeitsbedingungen, Fachkompetenzen und die Unternehmenskultur. Zu den Frühindikatoren gehört das psychosoziale Wohlbefinden, das Gesundheitsverhalten und die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden. Zu den Spätindikatoren gehören Fehlzeiten, die Arbeitsqualität und die innere Kündigung. Kennzahlen im BGM beinhalten verschiedene Funktionen: Zu den wichtigsten Funktionen gehören Früherkennungs-, Informations- sowie Entscheidungsfunktion. Die Erhebung der Kennzahlen kann schriftlich, im Gespräch oder aus bestehenden Daten generiert werden.

Dr. Alexandra von Winning von der Lust auf besser leben gGmbH erklärte, dass auch KMU zunehmend von der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht großer Unternehmen betroffen sind, die Kennzahlen zu ihren globalen Lieferketten einfordern. 

BGM ist ein wichtiger Kooperationspartner für die Erstellung eines robusten Klimaschutzmanagements. Dies sind die wesentlichsten Schnittstellen:

  • Die Mobilität ist ein wichtiger Faktor sowohl für die Gesundheit als auch für die Treibhausgasemissionen des Unternehmens. Wenn das BGM es sich zur Aufgabe macht, Mitarbeitende aus Gesundheitsgründen zum Pendeln mit dem Fahrrad zu bewegen, dann könnten Strategien und Kennzahlen hier eine wichtige Information für das Klimaschutzmanagement darstellen.
  • Global gesehen sind 21–37 Prozent der Treibhausgasemissionen auf unser Ernährungssystem zurückzuführen. Auch das BGM hat ein Interesse daran, Mitarbeitende zur gesünderen Verpflegung im Arbeitsalltag zu motivieren. Informationen aus den Analysen des BGM sind auch hier ein wichtiger Inputfaktor für die Erstellung einer robusten Klimaschutzstrategie.

Als Kernstück des Klimaschutzmanagements wird die Wesentlichkeitsanalyse betrachtet, mit deren Hilfe das Unternehmen analysiert, welche die mit Blick auf Treibhausgasemissionen relevantesten Prozesse und Rohstoffe sind. Danach werden – wie beim BGM – messbare kurz-, mittelfristige- und langfristige Ziele und ein Nachhaltigkeitsprogramm definiert. Das Nachhaltigkeitsprogramm beinhaltet Handlungsfelder, Policies, Maßnahmen und einen Zeitplan. Nachdem dies erfolgt ist, werden die Strukturen und Verantwortlichkeiten definiert. Die Beteiligung von Mitarbeitenden spielt hierbei eine wichtige Rolle. 
 

Robuste BGM-Zahlen sind ein wichtiger Baustein für effektives Klimamanagement mit ambitionierten Zielen und wirksamen Maßnahmen. Eine belastbare Klimabilanz kann mit BGM auf verschiedene Weisen zusammenhängen: Es kann eine nachhaltige Mobilität aufgebaut werden, indem beispielsweise Fahrgemeinschaften, öffentliche Verkehrsmittel oder das Duschen am Arbeitsplatz in Unternehmen ermöglicht wird. BGM-Maßnahmen, wie Gesundheitsförderungsprogramme, Stressmanagement und betriebliche Sportangebote können das Umweltbewusstsein der Mitarbeiter*innen stärken.

Die Erstellung einer Klimabilanz auf Unternehmensebene sollte auf Basis eines anerkannten Standards erfolgen. Hierfür ist das Greenhouse Gas Protocol als Basisdokument mit weiteren Anleitungen und die ISO 14064-1 zur Bilanzierung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen und Entzug von Treibhausgasen auf Organisationsebene gut geeignet. 

Lisa Rummel von ARQUM stellte die fünf Schritte bei der Erstellung einer Klimabilanz vor: Der erste Schritt ist die Festlegung der Systemgrenzen. Hierbei werden die Aktivitäten eines Unternehmens analysiert und der Umfang der Klimabilanz festgelegt. Als nächstes erfolgt die Erhebung der Aktivitätsdaten. Hier werden verschiedene Aktivitäten erfasst, die Emissionen verursachen. Danach erfolgt die Berechnung der Emissionen, bei der mit Hilfe geeigneter Umrechnungsfaktoren Aktivitätsdaten in CO2-Äquivalente umgerechnet werden. Der vierte Schritt ist die Darstellung der Klimabilanz. Die Ergebnisse der Berechnung werden in einer Gesamtbilanz zusammengeführt. Zu guter Letzt erfolgt die Analyse bzw. Ableitung weiterer Schritte, bei der die Klimabilanz als Grundlage für die Definition von Zielen und Maßnahmen zur Emissionsreduktion dient.

Thomas Briefs von der Stadt Baunatal erklärte, dass die Gesundheitshebel des BGM Maßnahmen und Strategien beinhalten, die darauf abzielen, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu fördern. Dazu gehören z. B. Gesundheitsförderungsprogramme, Stressbewältigungsmaßnahmen, flexible Arbeitszeitmodelle, eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und Maßnahmen zur Förderung körperlicher Aktivität. Der Arbeitsschutz kann Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz gewährleisten. Das BEM kann dazu beitragen, Mitarbeitende nach Krankheitsphasen erfolgreich wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren, und das Nachhaltigkeitsmanagement kann sicherstellen, dass diese Maßnahmen langfristig ökonomisch, ökologisch und sozial verantwortlich sind. Durch eine koordinierte Zusammenarbeit dieser Bereiche können Unternehmen eine gesunde und nachhaltige Arbeitsumgebung erzielen.

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