Betreuungsrecht
Die rechtliche Betreuung stellt ein flexibles Rechtsinstrument zur Unterstützung von Erwachsenen dar, die auf Grund einer Krankheit oder einer Behinderung ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht oder nicht mehr besorgen können. Sie ist strikt am individuellen Bedarf des kranken oder behinderten Menschen ausgerichtet, berücksichtigt seine verbliebenen Fähigkeiten und wahrt seine Selbstbestimmung.
Betreuungsrecht in Deutschland
Zum 1. Januar 2023 ist das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft getreten. Es stärkt die Selbstbestimmung von betreuten Menschen und die Qualität der rechtlichen Betreuung.
Es kann jeden treffen: eine Krankheit, ein Unfall oder das Alter können dazu führen, dass die eigenen Angelegenheiten nicht mehr selbst geregelt werden können. Das Betreuungsrecht regelt, was in solchen Situationen passieren soll.
Mit dem im März 2021 verabschiedeten Gesetz zur Reform des Vormundschafts-. und Betreuungsrechts wurde das Betreuungsrecht ab 1. Januar 2023 grundlegend reformiert. Die Reform bewirkt nicht nur eine umfassende Neustrukturierung des Betreuungsrechts, sondern auch für alle Akteure Neuerungen in ihren Aufgabenbereichen.
Stärkung der Selbstbestimmung
Das neue Betreuungsrecht stärkt die Selbstbestimmung unterstützungsbedürftiger Menschen. Es trägt damit den Vorgaben des Artikels 12 UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung. Durch die Reform des Betreuungsrechts wird ein Paradigmenwechsel vollzogen: ‚Wunsch und Willen‘ des Betreuten werde zum zentralen Maßstab in der rechtlichen Betreuung.
Zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sieht das Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) künftig das neue Instrument der „erweiterten Unterstützung“ vor. Ziel des zeitlich begrenzten Fallmanagements ist es, eine gesetzliche Betreuung möglichst zu vermeiden und das selbstbestimmte Leben und Handeln der Betroffenen zu fördern.
Sicherung der Qualität der rechtlichen Betreuung
Das neue Betreuungsrecht sichert und verbessert die Qualität der rechtlichen Betreuung. Dazu werden bestimmte Voraussetzungen für den Betreuerberuf festgelegt.
Voraussetzung für die Tätigkeit als beruflicher Betreuer ist grundsätzlich die Registrierung bei der zuständigen Stammbehörde.
Als beruflicher Betreuer kann sich registrieren lassen, wer über die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit sowie eine ausreichende Sachkunde für die Tätigkeit verfügt. Dies beinhaltet auch eine Berufshaftpflicht zur Deckung der sich aus der Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden mit einer Mindestversicherung von 250.000 Euro pro Versicherungsfall und von 1 Millionen Euro für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres.
Für Betreuer, die bereits vor dem 1. Januar 2023 berufsmäßig Betreuungen geführt haben, gelten Übergangsvorschriften.
Anbindung ehrenamtlicher Betreuer an den Betreuungsverein
Das neue Betreuungsrecht stärkt die Anbindung von ehrenamtlichen Betreuern an Betreuungsvereine. Ehrenamtliche Betreuer können zukünftig mit einem Betreuungsverein eine Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung abschließen. Sogenannte Fremdbetreuer (ehrenamtliche Betreuer ohne familiäre Beziehung oder persönliche Bindung zum Betreuten) dürfen nur bestellt werden, wenn eine solche Vereinbarung abgeschlossen wurde.
Betreuungsrecht in Rheinland-Pfalz
Das neu geschaffene Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) wurde zum 1. Januar 2023 auf Landesebene umgesetzt, was die Anpassung des Landesgesetzes zur Ausführung des Betreuungsrechts (AGBtR) vom 19. Februar 2010 erforderte. Dazu wurde das Landesgesetz zur Änderung betreuungsrechtlicher Vorschriften vom 22.12.2022 erlassen.
Im Landesgesetz zur Änderung betreuungsrechtlicher Vorschriften wurden folgende Änderungen geregelt:
- Einführung einer neuen Zuständigkeit der überörtlichen Betreuungsbehörde für die Anerkennung von betreuungsrechtlichen Studien-, Aus- und Fortbildungsgängen sowie Sachkundelehrgängen im Zusammenhang mit der Registrierung beruflicher Betreuerinnen und Betreuer nach den §§ 23 ff. BtOG durch die örtlichen Betreuungsbehörden.
- Erweiterung des Unterstützungsauftrags der überörtlichen Betreuungsbehörde gegenüber den örtlichen Betreuungsbehörden auf die Gesamtheit aller Aufgaben, die sich in konkretisierter, erweiterter oder neuer Form aus dem neuen Betreuungsorganisationsgesetz ergeben.
- Einführung von Modellprojekten zur „erweiterten Unterstützung“ gemäß § 11 Abs. 5 BtOG. Das neue Instrument der erweiterten Unterstützung soll demnach zunächst durch bis zu zwei Stadtverwaltungen und bis zu vier Kreisverwaltungen erprobt werden. Zur Durchführung können die Betreuungsbehörden ganz oder teilweise Betreuungsvereine oder berufliche Betreuer beauftragen. Die örtlichen Betreuungsbehörden bleiben weiterhin in der Letztverantwortung.
- Anpassung der Regelungen zur Anerkennung und Förderung von Betreuungsvereinen an die Regelung des § 17 BtOG.
Als örtliche Betreuungsbehörden sind die Kreisverwaltungen und in kreisfreien Städten die Stadtverwaltungen für die Wahrnehmung sämtlicher behördlicher Aufgaben rund um die Betreuung Volljähriger in Rheinland-Pfalz zuständig. Die Landkreise und kreisfreien Städte erfüllen die Aufgaben als Pflichtaufgaben der kommunalen Selbstverwaltung.
Für bestimmte Aufgaben ist das Land durch die beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung angesiedelte überörtliche Betreuungsbehörde zuständig.
Betreuungsvereine
Eine Besonderheit des Betreuungsrechts ist die Hervorhebung des Ehrenamts. Das Betreuungsrecht setzt bei einer vorrangigen Betreuung durch Ehrenamtliche an. Die Ehrenamtlichkeit im Betreuungswesen erfordert auch zwingend die wirksame Unterstützung und Begleitung derjenigen, die bereit und willens sind, ein verantwortungsvolles Ehrenamt zu übernehmen. Dazu braucht es die Betreuungsvereine. Betreuungsvereine haben Querschnittsaufgaben wahrzunehmen, das heißt: als Vereine sollen sie neben den Betreuungsbehörden die Aufgabe übernehmen, interessierte Personen als ehrenamtliche Betreuer zu gewinnen. Sie beraten Betreuer und Betreuerinnen bei der Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit und begleiten diese. Sie informieren die Öffentlichkeit über Betreuungsfragen, über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen und sorgen für den Erfahrungsaustausch. Um in Rheinland-Pfalz eine angemessene Zahl von Betreuungsvereinen sicherzustellen, werden anerkannte Betreuungsvereine mit Mitteln des Landes und der Kommunen gefördert