Rürup und Lauterbach stellen Finanzierungsmodelle vor

Soziale Sicherung

Nr. 175-3/03

Eine Reform der sozialen Sicherungssysteme muss den Interessen aller heutigen, aber auch der zukünftigen Generationen bestmöglich gerecht werden. Dies unterstrichen die Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, Malu Dreyer, und der DGB-Landesvorsitzende, Dietmar Muscheid, bei einer gemeinsamen Veranstaltung heute in Mainz. Das Ministerium und der DGB hatten die beiden prominenten Experten Bert Rürup und Karl Lauterbach eingeladen, um mit einem breiten Fachpublikum das Thema „Kopfpauschale oder Bürgerversicherung?“ zu diskutieren.

Die derzeitige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung - wie im Übrigen auch der anderen Sozialversicherungszweige - basiere auf einem System, das im Widerspruch zur heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit stehe, so die Ministerin. Der Wandel der Arbeitswelt und die demographische Entwicklung führten zu veränderten Rahmenbedingungen, die eine Reform der sozialen Sicherung unumgänglich machen. Die Ausrichtung auf lebenslange Vollarbeit spiegele die reale Arbeitswelt nicht mehr wider, da heutige Erwerbsbiographien sehr viel flexibler und weniger linear seien als noch vor einem Jahrzehnt. Hinzu komme ein sich verschiebendes Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Leistungsbeziehern aufgrund der demographischen Entwicklung mit einem steigenden Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung.

Dieser Entwicklung dürfe jedoch nicht mit einer weiteren Steigerung der Beitragssätze begegnet werden, so die Ministerin. Hohe Beitragssätze verteuerten den Faktor Arbeit und erschwerten den Abbau der Arbeitslosigkeit. Aber auch einer Rationierung von medizinischen Leistungen erteilte sie eine Absage. Der sozial gerechte Weg könne nur darin liegen, durch strukturelle Reformen Effektivität und Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch der übrigen sozialen Sicherungssysteme auf eine nachhaltige und gerechte Grundlage zu stellen. Der Berliner Kompromiss zur Gesundheitsreform stellt für die Ministerin eine gute Grundlage für eine Strukturreform dar; nun müssten die Weichen für die Finanzierungsseite gestellt werden. Beide dazu vorliegenden Vorschläge, Bürgerversicherung und Kopfpauschalenmodell, wiesen Vor- und Nachteile auf, die intensiv diskutiert und gegeneinander abgewogen werden müssten.

Muscheid betonte, dass bei der derzeitigen Reformdebatte die Befriedigung von Gruppeninteressen und weniger die Entwicklung tragfähiger Lösungen im Vordergrund stehe. Wettbewerb, Effizienz und sozialer Ausgleich müssten in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden. Nach Auffassung des DGB müssten sich zukünftig alle Einkommensbezieher an der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligen. Muscheid: „Es ist richtig, dass Mieteinnahmen, Aktiengewinne und Zinsen miteinbezogen werden.“ Durch die Einbeziehung aller Einkommen würden die Einnahmen fast verdoppelt, die Beiträge könnten um cirka 40 Prozent reduziert werden, und die Ausgaben der Krankenversicherungen steigen nur um cirka 10 Prozent. Der DGB befürworte daher die Einführung einer Bürgerversicherung. „Die Ausrichtung der Beiträge an der jeweiligen individuellen Leistungsfähigkeit ist nach Auffassung des DGB Rheinland-Pfalz das gerechteste Verfahren. Die Bürgerversicherung trägt dazu bei, dass die unteren und mittleren Einkommen entlastet werden“, so Muscheid.

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