Nr. 207-5/03
Eines der zentralen Anliegen in der Erziehungshilfepolitik des Landes ist die weitere Stärkung ambulanter und flexibler Hilfen, wie Familienministerin Malu Dreyer heute in Mainz erklärte. Diesen vom Land bereits eingeschlagenen Weg gelte es fortzusetzen, denn Heimerziehung sei - auch wenn sie für eine bestimmte Gruppe von jungen Menschen die richtige und notwendige Hilfe sei - immer noch die Hilfe, die am stärksten in das Leben von Familien eingreife. Die so genannte stationäre Familienbetreuung könne dazu beitragen, die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen im Heim zu vermeiden. Ein gemeinsames Projekt des Jugendamtes und des Kinder- und Jugendhilfezentrums St. Marien in Worms zeige erfolgreich, wie dies in der Praxis gelingen könne. Nun liegt die Dokumentation des Projektes vor, das als Beispiel für ähnliche Fälle dienen könne, so die Ministerin.
Der Bedarf an erzieherischen Hilfen habe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, so die Ministerin. Rheinland-Pfalz verzeichne inzwischen jährlich rund 12.000 Fälle von Erziehungshilfen; im Jahre 1995 seien es noch etwa 10.000 Fälle gewesen, und die Tendenz sei weiter steigend. Diese Entwicklung stelle Land, Kommunen und die Träger der Hilfen vor große fachliche und finanzielle Herausforderungen. Neue Strategien seien nötig, um Familien zu unterstützen und zu stabilisieren; die Konzepte müssten sich gleichzeitig an fachlichen Standards orientieren und finanzierbar sein. Dass sich hohe fachliche Qualität und Wirtschaftlichkeit nicht ausschließen, zeige die Erziehungshilfeoffensive der Landesregierung, die seit nunmehr zehn Jahren erfolgreich praktiziert werde. Sie habe zu einer Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung geführt. Dabei seien insbesondere ambulante und teilstationäre Hilfeangebote ausgebaut worden.
Der Ansatz der stationären Familienbetreuung sei ein solches innovatives und erfolgreiches Konzept zur Unterstützung von Familien und zur Hilfe zur Selbsthilfe. Ausgehend vom konkreten Einzelfall einer Familie mit vier Kindern in Worms wurde ein konkreter Hilfeplan entwickelt, mit dem die Unterbringung der Kinder im Heim vermieden und die Situation der Familie insgesamt stabilisiert werden konnte. Zwei Fachkräfte begleiteten und betreuten in enger Anbindung an das Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Marien und das Jugendamt die Mutter mit ihren Kindern über zwei Jahre hinweg, stärkten die Erziehungskompetenz der Mutter, gaben Anleitung für die Bewältigung des Alltags und unterstützten die Familie bei der Entwicklung sozialer Kontakte nach außen. Heute lebt die Familie weitgehend selbständig. Neben der positiven Wirkung für Mutter und Kinder konnten dadurch auch Kosten für eine Heimunterbringung vermieden werden. „Alle Seiten profitieren von solchen individuell zugeschnittenen, innovativen Konzepten“, so die Ministerin. Daher werde das Land die Ansätze zur Familienaktivierung weiter fördern.
Die Dokumentation zum Projekt in Worms mit dem Titel „Stationäre Familienbetreuung“ wurde vom Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. erarbeitet und kann beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, Bauhofstraße 9, 55116 Mainz, Telefonnummer 06131/162016 bezogen werden.