„Alle Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Leistungsberechtigten unter anderem aufgrund der demografischen Entwicklung, des medizinischen Fortschritts, der erfreulicherweise gestiegenen Lebenserwartung auch behinderter Menschen und anderer gesellschaftlicher Veränderungen weiter steigen wird“, so die Ministerin. So sei zwischen den Jahren 2007 und 2009 die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger von Eingliederungshilfe von rund 28.100 auf etwa 30.700 Menschen gestiegen. Die Kosten allein für das Land erhöhten sich von rund 501 Millionen im Jahr 2004 auf rund 651 Millionen Euro im Jahr 2011; eine Steigerungsrate von 4,26 Prozent. Bei der Hilfe zur Pflege erhöhten sich die Ausgaben von rund 94 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 146 Millionen Euro im Jahr 2011; eine Steigerungsrate von 8,02 Prozent.
In Rheinland-Pfalz tragen das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sowie Landkreise und kreisfreie Städte als örtliche Träger der Sozialhilfe je zur Hälfte die Kosten für stationäre und teilstationäre Hilfen. Für ambulante Hilfen kommen Kommunen zu 100 Prozent auf. Ausnahme ist das Persönliche Budget, an dem sich das Land ebenfalls zur Hälfte beteiligt. „Diese geteilte Kostenstruktur ist nicht sinnvoll. Vielmehr gehören Fach- und Finanzverantwortung in eine Hand. So kann es durch gute Steuerung besser gelingen, die für den behinderten oder pflegebedürftigen Menschen angemessene Leistung für ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu gewähren“, sagte die Ministerin.
Das Landesausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ermöglicht die Durchführung von Modellvorhaben, in denen neue Formen der Leistungserbringung in der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege erprobt werden können. Die Modellvorhaben sollen besonders den Vorrang von ambulanten vor teilstationären und stationären Leistungen berücksichtigen. „Nicht die Einrichtung steht im Mittelpunkt der Hilfeleistung, sondern der Mensch. Auch diesem Grundsatz wird mit dem Modell stärker Rechnung getragen“, so die Ministerin. Das Vorhaben stärke somit das selbstbestimmte Leben und Arbeiten von Menschen mit Behinderungen. Es ermögliche außerdem, Hilfen zur Pflege auch als ergänzende ambulante Leistungen zu gewähren; das wiederum eröffne pflegebedürftigen Menschen ein Leben in den eigenen vier Wänden.
Das Modell bündele die Fach- und Finanzverantwortung in der Hand der Kommunen und biete die Möglichkeit, die Fallsteuerung bei den Kommunen zu implementieren. Damit könnten Hilfen noch stärker am Bedürfnis der betroffenen Menschen orientiert werden. Außerdem gebe es den Kommunen einen Anreiz, neue ambulante, bedarfsgerechte und kostengünstige Angebote zu entwickeln.
Konkret soll für jede am Modellprojekt teilnehmende Kommune ein eigenes so genanntes Globalbudget gebildet werden, das sich aus den Gesamtkosten für die stationären und teilstationären Leistungen des vergangenen Jahres ergibt. Finanziert wird das Budget gemeinsam vom Land und den beteiligten Kommunen. Dieses Globalbudget steht dem örtlichen Sozialhilfeträger zur Finanzierung der stationären, teilstationären und ambulanten Leistungen für hilfebedürftige behinderte und pflegebedürftige Menschen zur Verfügung. Damit beteiligt sich das Land auch an den ambulanten Hilfen. Das Globalbudget ist für den Zeitraum des Modells gedeckelt. Der Deckel wird durch die pauschale Fortschreibung der Vergütungssätze, durch Bedarfssteigerungen im Einzelfall und durch Kosten für notwendige Leistungen für Neufälle angehoben.
Es besteht Einvernehmen über die Notwendigkeit eines globalen Datentransfers. Die Rahmenbedingungen für den Aufbau eines Datensystems zur Fall-und Kostentransparenz, einschließlich Entwicklung eines Kerndatensatzes sowie einer gemeinsamen Steuerung der Finanzströme durch Land und Kommunen werden in einer gesonderten Vereinbarung geregelt.
Das Projekt wird über die nächsten zwei Jahre evaluiert, Projektbeginn ist am 1. Juli 2012. Zwölf Kommunen haben ihre Teilnahme erklärt.