Dreyer: Gesundheitswesen auf geschlechtsspezifische Unterschiede einstellen

Gesundheitsvorsorge

Nr. 157-3/03

„Das Gesundheitswesen muss sich stärker auf geschlechtsspezifische Unterschiede im Umgang mit Krankheit und Vorsorge einstellen“, wie Gesundheitsministerin Malu Dreyer heute bei einer Anhörung der SPD-Landtagsfraktion unterstrich. Das Gesundheitswesen sei vielfach noch zu einseitig auf Männer und zu wenig auf die speziellen Bedürfnisse von Frauen ausgerichtet. Andererseits erreichten Präventions- und Vorsorgemaßnahmen eher Frauen als Männer. Hier gelte es gegenzusteuern, um die medizinische Versorgung für beide Gruppen insgesamt zielgerichteter gestalten zu können. Das Prinzip des Gender Mainstreaming, also der Umsetzung der Chancengleichheit für Männer und Frauen in allen Lebensbereichen, müsse auch für die Gesundheitspolitik gelten.

„Untersuchungen haben gezeigt, dass Krankheiten sich bei Männern und Frauen unterschiedlich entwickeln können und auch unterschiedlich wahrgenommen werden“, so Malu Dreyer. In der Medizin spielten beispielsweise frauenspezifische Ausprägungen häufig jedoch kaum eine Rolle. So gelte der Herzinfarkt zu Unrecht als Männerleiden, obwohl sehr viel mehr Frauen als Männer an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben. Dennoch werde die Gefahr für Frauen nach wie vor unterschätzt: Krankheitssymptome würden fehlgedeutet, wichtige Medikamente würden seltener verordnet und Bypassoperationen in deutlich geringerem Umfang durchgeführt als bei Männern. Ein weiteres Beispiel sei die Wirkung von Medikamenten, die in der Forschung fast ausschließlich an Männern getestet werde mit der Folge, dass Frauen doppelt so häufig über Nebenwirkungen bei der Medikamenteneinnahme klagten wie Männer. Auch bei der Inanspruchnahme von Vorsorgeangeboten zeigten Männer und Frauen deutliche Unterschiede; so würden Vorsorgeangebote der Krankenkassen von fast 50 Prozent der weiblichen, aber nur rund 17 Prozent der männlichen Versicherten in Anspruch genommen.

Diese Beispiele machen nach Ansicht der Ministerin die Notwendigkeit deutlich, für Frauen und Männer gezielte und möglicherweise unterschiedliche Strategien der medizinischen Versorgung zu entwickeln. Hier gebe es bereits vielversprechende Ansätze im Land, wie das Landeskooperationsprojekt BrustLife zur Verbesserung der Früherkennung von Brustkrebs bei Frauen oder spezielle Männergesundheitstage. Darüber hinaus müsse das Gesundheitswesen insgesamt noch stärker auf Frauen als Patientinnen ausgerichtet werden; Frauen müssten bei Forschung und Gesundheitsberichterstattung eine eigenständige Rolle spielen, ihre spezifischen Belange und Bedürfnisse müssten dieselbe Geltung wie die der Männer erhalten. In der Gesundheitsberichterstattung des Landes werde dies in Zukunft stärker berücksichtigt. Bei der Besetzung von Leitungsfunktionen im Gesundheitswesen und in der Wissenschaft müssten Frauen stärker berücksichtigt werden, um die frauenspezifische Perspektive zu fördern. Auch das Vorsorgeverhalten müsse durch zielgruppenspezifische Informations- und Motivationsangebote verbessert werden, so die Ministerin. Von der Anhörung der SPD-Landtagsfraktion erwartet die Ministerin eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Hinweise für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens in diese Richtung.

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