Nr. 140-1/07
Migrantinnen und Migranten nutzen ebenso wie Deutsche unter allen Medien am häufigsten das Fernsehen, sie bevorzugen im Vergleich zu den deutschen Nutzerinnen und Nutzern jedoch die privatkommerziellen TV-Sender. Das ist ein Ergebnis einer Studie zur Medienrezeption von Menschen mit Migrationshintergrund, die der Leiter des Forschungsprojekts, Professor Dr. Georg Ruhrmann, zusammen mit Professor Dr. Karl-Heinz Meier-Braun, Leiter der Fachredaktion für Migrationsfragen und Integrationsbeauftragter des SWR, und der Beauftragten der Landesregierung für Migration und Integration, Maria Weber, heute in Mainz vorstellte. Medien hätten eine hohe gesellschaftliche Verantwortung im Integrationsprozess. Die Studie sei eine wertvolle wissenschaftlich fundierte Hilfe, um dieser Verantwortung gerecht zu werden, so Maria Weber. Die Themen Migration und Integration seien längst in der Mitte des Programms des SWR verankert, ergänzte Professor Meier-Braun.
„Bislang war wenig darüber bekannt bekannt, wie Zugewanderte und Menschen mit Migrationshintergrund Nachrichten, Bilder und Informationen aus den Medien über sich selbst aufnehmen und bewerten, denn seit Jahrzehnten hatte sich Deutschland daran gewöhnt, über Ausländerinnen und Ausländer zu sprechen, statt mit ihnen. Auch deshalb wissen wir wenig darüber, was die Migrantinnen und Migranten über die Inländer denken“, so Professor Ruhrmann, Inhaber des Lehrstuhls „Grundlagen der medialen Kommunikation und der Medienwirkung“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dies habe ihn zu einer wissenschaftlichen Untersuchung motiviert, die von der Beauftragten der rheinland-pfälzischen Landesregierung für Migration und Integration und dem SWR gefördert wurde. Die von Professor Dr. Ruhrmann, Dr. Denise Sommer, Kathrin Klietsch und Peggy Niezel durchgeführte Studie analysiert, wie die Adressatinnen und Adressaten Nachrichten zum Thema „Ausländer“ rezipieren. Sie überprüft anhand von Experimenten und Befragungen Rezeption und Wirkung von Fernsehnachrichten und zieht Vergleiche zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund. Insgesamt wurden 230 Menschen aus 32 Nationen befragt.
Bei den inländischen Befragten liegt die Präferenz auf den öffentlich rechtlichen Sendern ARD und ZDF; Migrantinnen und Migranten bevorzugen private Programme. Die dritten Programme werden von Einheimischen mehr als doppelt so häufig als Lieblingsprogramm genannt wie von Migrantinnen und Migranten. Die Nutzung von Hörfunk und Tageszeitungen liegt hinter der Fernsehnutzung, allerdings ist der Anteil der Nichthörer und Nichtleser bei den Migrantinnen und Migranten höher als bei den Einheimischen. Nur etwa 20 Prozent der Migrantinnen und Migranten hören Migration als Thema im Hörfunk, viele kennen die speziellen Programme für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht. Auch ausländische Medien werden generell seltener von Migrantinnen und Migranten genutzt. Onlinemedien gewinnen auch bei den Menschen mit Migrationshintergrund an Bedeutung.
Hinsichtlich der Themen bevorzugen deutsche Befragte das weniger Negativ-Kontroverse, im Gegensatz zu den Migrantinnen und Migranten. Mehr als drei Viertel aller Befragten gab an, sehr an den Themen Wissenschaft/Kultur, Gesellschaft/Recht und politischen Themen interessiert zu sein, wobei das Interesse an Politik bei den Menschen mit Migrationshintergrund etwas weniger ausgeprägt war, im Gegensatz zu den Themen mit kulturellem oder wissenschaftlichem Hintergrund. Insgesamt ist der persönliche Bezug entscheidend, ob ein Inhalt aufgenommen und behalten wird. Die Polizei in Medien wird von Migrantinnen und Migranten häufiger wahrgenommen als von deutschen Nutzerinnen und Nutzern, diese wiederum erinnern sich besonders häufig an Meldungen, in denen Migranten in Verbindung mit terroristischen Aktivitäten genannt werden. Deutsche Medienutzerinnen und -nutzer bewerten Meldungen zum Thema Migration negativer als Migrantinnen und Migranten.
Die Studie bietet Fakten über die Wirkungen von Medien bei Zugewanderten und über die daraus entstehenden Meinungsbildungsprozesse, auf die die Medien Einfluss nehmen. Die Ergebnisse sind vor allem für die in den Medien tätigen Zielgruppen interessant, da sie aufzeigen, welche Wirkung die von ihnen produzierten Nachrichten und Bilder bei den Adressatinnen und Adressaten erzeugen.
Die Untersuchung „Medienrezeption in der Einwanderungsgesellschaft. Eine vergleichende Studie zur Wirkung von TV-Nachrichten“, ist als Band 11 in der Schriftenreihe der Beauftragten der Landesregierung erschienen. Sie kann angefordert werden unter BLMI@masgff.rlp.de oder per Fax: 06131/16 40 90. Darüber hinaus steht sie auch auf der Homepage der Beauftragten www.auslaender.rlp.de zum Download bereit.