Nr. 009-1/06
Auch in diesem Jahr bleibt die Förderung familienfreundlicher Rahmenbedingungen ein zentraler Schwerpunkt in der Politik des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, wie Ministerin Malu Dreyer heute in Mainz anlässlich einer Pressekonferenz zu den Schwerpunkten ihres Hauses im neuen Jahr erklärte. Die Ministerin will dazu ihre im vergangenen Jahr begonnene Initiative ?Viva Familia? fortführen und mit einem neuen Akzent versehen: mit speziellen ?Häusern für Familien? (Mehrgenerationenhäuser) will die Ministerin mit den Kommunen im Land die Angebote für Familien bündeln und zentrale Anlaufstellen für alle Fragen rund um das Thema ?Familie? einrichten. Die Initiative „Menschen pflegen“ werde ganz im Zeichen der Umsetzung des neuen Landespflegestrukturgesetzes stehen, so die Ministerin. Weiterer Schwerpunkt ist in der Arbeitsmarktpolitik das im vergangenen Jahr in Gang gesetzte Programm ?Neue Chancen: 6.000 plus für Jung und Alt?. In der Gesundheitspolitik will die Ministerin das Thema Gesundheitsförderung für Männer in den Blickpunkt rücken.
Viva Familia wird fortgesetzt
Mit den Häusern für Familien sollen die in der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene vorgesehenen Mehrgenerationenhäuser in Rheinland-Pfalz verwirklicht werden, kündigte die Ministerin an. Sie sollen Anlaufstellen, Netzwerk und Drehscheibe für familienorientierte Dienstleistungen, Erziehungs- und Familienberatung, Gesundheitsförderung, Krisenintervention und Hilfeplanung sein. Bereits heute gebe es eine gut ausgebaute Struktur der Beratung und Unterstützung, die durch die Häuser für Familien gebündelt und möglichst an einem Ort zusammengefasst werden soll. Dazu sei es auch nötig, Angebote stärker aufeinander abzustimmen. „Wir haben zwar jetzt schon in den Kreisen und Städten eine breit ausdifferenzierte vielfältige soziale Infrastruktur. Diese Angebote, Dienste und Initiativen sind jedoch in ihrer Vielfalt von den Familien oft nicht zu überblicken und arbeiten zuweilen unabgestimmt nebeneinander“, so die Ministerin. In den Häusern für Familien sollen die Angebote zusammengeführt und zielgerichtet weiterentwickelt werden. Ziel ist ein ganzheitliches Angebot unter einem Dach, das den verschiedenen Lebenssituationen von Familien gerecht wird und in dem Familien Rat und Hilfe finden.
Es gebe auf kommunaler Ebene bereits ein sehr hohes Interesse an der Umsetzung des Projektes, berichtete die Ministerin. Als Träger der Häuser für Familien kommen nach ihren Angaben neben den Kommunen auch freie Träger der Jugend-, Sozial- oder Altenhilfe in Betracht. Wichtig sei, dass für jede Kommune ein maßgeschneidertes, auf den örtlichen Bedarf zugeschnittenes Angebot geschaffen werde. Das Modellprojekt soll nach den Vorstellungen der Ministerin noch vor der Sommerpause in bis zu zehn Kommunen starten. Auf Landesebene soll eine wissenschaftliche Projektbegleitung eingerichtet werden, die eine intensive Beratung und Begleitung der Kommunen sicherstellen soll.
Die Ministerin zog eine positive Zwischenbilanz ihrer seit einem Jahr laufenden Initiative ?Viva Familia?. „Viva Familia hat dazu beigetragen, den Stellenwert der Familie für den Einzelnen, aber auch die Gesellschaft wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken“, sagte Malu Dreyer. Um Eltern frühzeitig und gezielt zu unterstützen und im Alltag zu begleiten, sei das Ministerium gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern neue Wege gegangen. So seien vielfältige Aktivitäten und Maßnahmen ins Leben gerufen worden, um Familienkompetenz zu stärken, die Gesundheit von Familien und Kindern zu verbessern, Arbeit und Ausbildung für junge Menschen zu schaffen, eine familienbewusste Arbeitswelt zu fördern und Familien in Notlagen zu helfen. Die Leitidee sei bei allen Projekten gewesen, die Hilfe möglichst direkt zu den Menschen zu bringen. Als Beispiele nannte die Ministerin die Projekte ?Hebammen beraten Familien?, ?Zu Gast bei Familie ??, ?Auf den Anfang kommt es an: Ein Kurs für junge Eltern? oder ?Finanziell fit? zur Stärkung der wirtschaftlichen Kompetenz junger Menschen. Bei der Landeszentrale für Gesundheitsförderung sei eine Servicestelle für den Aufbau lokaler Bündnisse für Familien eingerichtet worden. Mit zahlreichen weiteren Aktivitäten wie beispielsweise der Förderung des Audits Beruf und Familie oder einem großen Kongress sei mehr Familienbewusstsein in die Arbeitswelt hineingetragen worden. Die Bedeutung einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf rücke bei den Arbeitgebern zwar immer mehr ins Bewusstsein, führe aber noch nicht häufig genug zu konkretem Handeln. Daher werde sie in ihren Bemühungen um dieses Thema auch im neuen Jahr nicht nachlassen, so Malu Dreyer.
Die Ministerin hatte das vergangene Jahr im Rahmen ihrer Kampagne ?Viva Familia? zum ?Jahr der Kindergesundheit? erklärt. Zusätzlich zu den zahlreichen bereits etablierten Aktivitäten im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung insbesondere für Kinder seien eine Reihe weiterer Veranstaltungen und Projekte realisiert worden. Neben drei Großveranstaltungen zu den Themen „Gesundheit um Schwangerschaft und Geburt“, „Seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ und „Suchtprävention“ war die Kindergesundheit auch Gegenstand von 30 Veranstaltungen in den Regionen mit Unterstützung des Landes. Bei regionalen Gesundheitstagen und speziellen Kindergesundheitstagen und -wochen hätten Eltern, Kindertagesstätten, Schulen, Kinderärzte, Öffentlicher Gesundheitsdienst, Sportvereine und Krankenkassen eine breite Öffentlichkeit angesprochen. In vielen dieser Veranstaltungen sei vor allem das Thema „Bewegung und gesunde Ernährung“ aufgegriffen worden, das angesichts einer wachsenden Zahl übergewichtiger Kinder immer wichtiger werde. Das Land werde auch in 2006 regionale Netzwerke und Projekte zur Bewegungsförderung und gesunden Ernährung unterstützen, so die Ministerin. Darüber hinaus werde es in diesem Jahr erstmals eine landesweite Auswertung der von den Gesundheitsämtern durchgeführten Schuleingangsuntersuchungen geben. Dies sei eine gute Möglichkeit, einen vollständigen Überblick über den Gesundheitszustand der fünf- bis sechsjährigen Kinder in Rheinland-Pfalz zu erhalten.
Neue Chancen: 6.000 plus für Jung und Alt
Beim Beschäftigungszuwachs liege Rheinland-Pfalz an der Spitze aller Bundesländer; in der Arbeitsmarktstatistik belegte das Land dank der gemeinsamen Bemühungen von Landesregierung, Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland und Kommunen im Jahresdurchschnitt 2005 wieder den drittbesten Platz, wie die Ministerin unterstrich. Trotz dieser vergleichsweise guten Position werde die Landesregierung aber in ihrem arbeitsmarktpolitischen Engagement nicht nachlassen. Mit ihrer Arbeitsmarktinitiative ?Neue Chancen: 6.000 plus für Jung und Alt? habe sie im Sommer ein zusätzliches Maßnahmenpaket geschnürt, das vor allem junge und ältere arbeitslose Menschen in Beschäftigung bringen soll. Erste Erfolge seien bereits sichtbar, so die Ministerin. Bereits mehr als rund 2.400 junge Menschen seien im Rahmen der Gesamtinitiative erreicht worden. Das Programm werde mit seinen einzelnen Elementen weiter fortgesetzt. Im Februar werde die Landesregierung gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern eine breit angelegte Jugendaktionswoche mit landesweiten Veranstaltungen durchführen, die junge Menschen gezielt ansprechen und ihnen die Unterstützungsmöglichkeiten beim Einstieg in den Beruf nahe bringen sollen.
Über die gezielte Förderung bestimmter Zielgruppen hinaus will die Landesregierung im Rahmen ihrer Initiative auch neue Beschäftigungsfelder erschließen, so die Ministerin. Ein besonderes Augenmerk richte sie auf die Potentiale in Privathaushalten, sei es bei den Dienstleistungen im Haushalt oder bei der Unterstützung der häuslichen Pflege. Seit Jahresbeginn gebe es beispielsweise das Projekt ?Haushaltsassistenz für die Pflege?, das Beschäftigungspotentiale insbesondere für arbeitslose Pflegehilfskräfte oder in diesem Bereich erfahrene Menschen biete. Die Assistenzkräfte sollen pflegende Angehörige beispielsweise in der Betreuung von demenzkranken Menschen unterstützen. Rheinland-Pfalz habe darüber hinaus eine Bundesratsinitiative eingebracht, um haushaltsnahe Dienstleistungen attraktiver zu machen: Die Steuern und Abgaben sollen bei so genannten Midijobs spürbar sinken, die Einkommensgrenzen sollen ausgeweitet und das Verfahren soll insgesamt vereinfacht werden.
Ein wesentlicher Auftrag aus der Enquete-Kommission „Zukunft der Arbeit“ des Landtags sei die intensive Beschäftigung mit den Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Arbeitswelt, so die Ministerin. Ein wichtiges Ziel aller Beteiligter müsse es sein, ältere Beschäftigte so lange wie möglich im Arbeitsleben zu halten. In der bereits genannten Arbeitsmarktinitiative ?Neue Chancen: 6.000 plus für Jung und Alt? werde dieses Ziel unter anderem mit einer Informationskampagne aufgegriffen, die Arbeitgeber motivieren soll, stärker auf die Leistungsfähigkeit und den Erfahrungsschatz älterer Beschäftigter zu setzen. Darüber hinaus gelte es, durch lebenslanges Lernen und gezielten Arbeits- und Gesundheitsschutz die Rahmenbedingungen für ein alternsgerechtes Arbeiten zu schaffen, so die Ministerin. Ihr Ministerium beschäftige sich sehr intensiv mit diesem Thema. So unterstütze das Land beispielsweise ein Projekt der Handwerkskammer Rheinhessen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das Empfehlungen für alternsgerechte Arbeitsstrukturen und Qualifizierungen und Möglichkeiten zur Umsetzung im betrieblichen Alltag erprobe. Das Projekt soll im nächsten Jahr abgeschlossen werden. Darüber hinaus führe das Ministerium regelmäßig Fachtagungen und Workshops zum Thema alternsgerechtes Arbeiten durch, um insbesondere Unternehmen von der Bedeutung zu überzeugen. Ein besonderes Augenmerk liege auf der Entwicklung einer Handlungsstrategie für den Umgang mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz; auch dies müsse verstärkt in ein erweitertes Verständnis von Arbeitsschutz einfließen. Das Thema ?Stress am Arbeitsplatz? werde in diesem Jahr einen Schwerpunkt bilden, kündigte die Ministerin an.
Ein Jahr nach Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zog die Ministerin eine weitgehend positive Bilanz der Arbeitsgemeinschaften aus Arbeitsagenturen und Kommunen sowie der optierenden Kommunen. Zur Flankierung der Arbeitsmarktreform habe das Land regionale Budgets gebildet und diese den örtlichen Akteuren für die lokale Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung gestellt. Ziel sei es, die Arbeitsmarktpolitik weiter zu regionalisieren und regionale Beschäftigungsstrukturen aufzubauen. Mit den Trägern vor Ort, also Arbeitsgemeinschaften und anderen Leistungsträgern sei festgelegt worden, wie die entsprechenden Budgets einzusetzen sind, damit möglichst viele Menschen in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Insgesamt geben die Budgets den örtlichen Akteuren mehr Eigenständigkeit bei der Gestaltung ihrer Arbeitsmarktpolitik, beispielsweise mit welchem Träger sie welche Maßnahme mit welchen Inhalten durchführen wollen. Insgesamt steht dazu in diesem Jahr wieder ein Betrag in Höhe von 18 Millionen Euro vom Land und vom Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. „Nach einem Jahr Erfahrung mit den regionalen Budgets kann gesagt werden, dass der neue Ansatz gut angenommen wird und sich in der täglichen Praxis bewährt“, so die Ministerin.
Gesundheitspolitik in Rheinland-Pfalz
Beim Thema Gesundheit sei das Land Rheinland-Pfalz bei der Erprobung der elektronischen Gesundheitskarte ganz vorn mit dabei. Die Tatsache, dass der Trierer Modellversuch „Elektronische Patientenakte“ zur Testregion für die bundesweite Erprobung der Elektronischen Gesundheitskarte ausgewählt worden sei, bestätige den rheinland-pfälzischen Ansatz. Nach einer Studie sehen mehr als 60 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte in der Elektronischen Patientenakte, die in Trier erprobt wird, den eigentlichen Nutzen der Elektronischen Gesundheitskarte. Kein anderes Projekt in ganz Deutschland könne auf so viel praktische Erfahrung beim Test der Gesundheitsakte verweisen wie das Trierer Modell, dieses Know-how solle jetzt auch in die bundesweit einzuführende Karte einfließen. An dem vor gut einem Jahr in Trier gestarteten Modellprojekt gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz und dem Industriepartner CompuGROUP beteiligen sich inzwischen 45 Praxen und zwei Krankenhäuser mit insgesamt über 600 Patientinnen und Patienten. Insgesamt unterstützt das Land das Projekt mit rund 780.000 Euro.
Im Jahr 2005 hat Rheinland-Pfalz die rechtlichen Weichen für die Einführung des Mammographie-Screenings gestellt, wie die Ministerin weiter berichtete. Die Anpassung der entsprechenden rechtlichen Regelungen sei vorgenommen worden beziehungsweise stehe vor der Verabschiedung, dazu gehöre beispielsweise die Möglichkeit des Datenabgleichs mit dem Krebsregister. Der Entwurf für eine Verordnung zur Übermittlung der Meldedaten befinde sich im Anhörungsverfahren. Die Röntgenverordnung liege vor. Die technischen Voraussetzungen für die Bereitstellung der Daten aus dem Melderegister, die notwendig seien, um die Frauen zur Screening-Untersuchung einladen zu können, würden derzeit geschaffen. Die zentrale Stelle werde bei der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz eingerichtet. Die Screeningeinheiten und programmverantwortlichen Ärztinnen und Ärzte sollen in Kürze feststehen. Das Screening-Programm werde in Rheinland-Pfalz im zweiten Quartal 2006 anlaufen.
Auch die Umsetzung des Ende 2003 neu aufgelegten Landeskrankenhausplans schreite zügig voran, so die Ministerin. Der Plan setze vor allem neue inhaltliche Ziele; im Zentrum stehe auch hier die bessere Behandlung von Brustkrebs durch die Ausweisung spezieller Brustzentren. In Mainz und Trier hätten im Jahr 2005 Brustzentren ihren Betrieb aufgenommen. Die Zentren für die Gebiete Westpfalz und Mittelrhein sollen im Jahr 2006 in Koblenz und Kaiserslautern ausgewiesen werden. Ein weiteres Zentrum für das Gebiet Rheinpfalz soll voraussichtlich im Jahr 2007 folgen. Weitere Ziele des Krankenhausplans seien die Verbesserung des diabetologischen Angebotes, der Akutversorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten und die Versorgung geriatrischer Patientinnen und Patienten. Zur Verbesserung der diabetologischen Versorgung wurden nach Angaben der Ministerin vier diabetologische Zentren und sieben diabetologische Schwerpunkte an Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz ausgewiesen. Die Einrichtung von Schlaganfalleinheiten sei im Jahr 2005 abgeschlossen worden. Mit über 25 zentralen und regionalen dieser Einrichtungen zur Spezialbehandlung von Schlaganfallpatienten verfüge das Land über eine flächendeckende Behandlungsstruktur, so die Ministerin.
Auch die Prävention und Gesundheitsförderung bleiben ein vorrangiges Gesundheitsziel der Landesregierung. Das Land Rheinland-Pfalz werde sich daher auch weiterhin für ein Präventionsgesetz auf Bundesebene einsetzen, das in der vergangenen Legislaturperiode nicht zustande kam. Auf Landesebene will die Ministerin in diesem Jahr das Thema ?Gesundheitsförderung für Männer? in den Blickpunkt rücken. Im Zentrum stehe dabei die Beteiligung an den von den Krankenkassen finanzierten Vorsorgeuntersuchungen gegen Prostata-Krebs. Diese Krebsart gehöre zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Männern, aber nur etwa 20 Prozent nähmen die ab dem 45. Lebensjahr empfohlenen Untersuchungen wahr. Gemeinsam mit Partnern, wie dem Berufsverband der Urologen, dem Hausärzteverband, der Landeszentrale für Gesundheitsförderung, der Selbsthilfegruppe Prostata-Krebs, dem Tumorzentrum und der Universitätsklinik Mainz, will die Ministerin mit einer breit angelegten Kampagne bei Männern für die Vorsorge werben. Ziel sei es, Männer verstärkt zu informieren und zu beraten, so die Ministerin.
Menschen pflegen
Im neuen Jahr ist das Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur in Kraft getreten. „Demographischer Wandel und sich verändernde Familienstrukturen erfordern neue Konzepte zur Sicherung der häuslichen Pflege“, so die Ministerin. Heute spielten Familien eine zentrale Rolle in der Betreuung und Pflege hilfebedürftiger Menschen, zukünftig sei es dringend notwendig, noch stärker als bisher bürgerschaftlich engagierte Menschen für diese Tätigkeiten zu gewinnen. Das neue Gesetz lege daher einen deutlichen Akzent auf die Stärkung der häuslichen Pflege und den Auf- und Ausbau einer möglichst wohnortnahen pflegerischen Versorgung. Mit flächendeckenden Beratungsstrukturen, ergänzenden niedrigschwelligen Angeboten und durch die Einbeziehung des bürgerschaftlichen Engagements solle die häusliche Pflege noch besser gelingen. Die Kommunen hätten die Aufgabe, orientiert an diesen Leitgedanken eine Pflegestrukturplanung zu entwickeln, das Land werde sie dabei unterstützen. Mit regionalen Pflegekonferenzen sollen örtliche Pflegenetzwerke initiiert und gestärkt werden. Den bereits jetzt vorbildhaft eingerichteten Beratungs- und Koordinierungsstellen komme eine wachsende Bedeutung zu, weil sie die Schnittstelle zur familiären Pflege und den sie unterstützenden Leistungen bilden. Das Land stellt nach Angaben der Ministerin für die Arbeit der Beratungs- und Koordinierungsstellen jährlich insgesamt sechs Millionen Euro bereit.
Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Initiative ?Menschen pflegen? im neuen Jahr sei die „Stärkung der Pflege im Krankenhaus“, wie die Ministerin ankündigte. „Die medizinische Versorgung und eine qualifizierte Pflege sind im Krankenhaus untrennbar miteinander verbunden“, so Malu Dreyer. Beides könne nur unter guten Arbeitsbedingungen, mit entsprechender fachlicher Qualifikation und mit einem hohen Maß an menschlicher Zuwendung gelingen. Die Pflegenden in den Krankenhäusern leisteten dies bereits heute mit hohem Engagement. Immer komplexer werdende Behandlungsmethoden bei gleichzeitig sinkender Aufenthaltsdauer von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus stellten das Pflegepersonal jedoch vor wachsende Herausforderungen, bei deren Bewältigung die Landesregierung sie gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern unterstützen wolle.
Ziel sei es zum einen, dass sich die veränderten Anforderungen in Aus- und Weiterbildung niederschlagen, die Ministerin will dazu gesetzliche Initiativen in Gang setzen. Darüber hinaus müsse über eine verstärkte Entlastung des Pflegepersonals von einfachen Tätigkeiten nachgedacht werden. Auch die Optimierung arbeitsorganisatorischer Abläufe und die Unterstützung durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer könne zur Entlastung beitragen. Im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen will die Ministerin Erkenntnisse zur Verweildauer in den Krankenpflegeberufen gewinnen, um Handlungsbedarf in Bezug auf die Arbeitsbedingungen feststellen zu können. Außerdem soll gemeinsam mit den Pflegeverbänden in Rheinland-Pfalz eine Berufsordnung für die Pflegeberufe auf den Weg gebracht werden, in der die Aufgaben und die Pflichten der Pflegefachkräfte strukturiert und geregelt sind.
Insgesamt diene dieses Projekt dem Ziel, die Voraussetzungen für eine qualitativ gute und menschliche Pflege der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus auch zukünftig zu gewährleisten, sagte die Ministerin. Das Vorhaben soll der Landespflegekonferenz im März vorgestellt und mit den Partnerinnen und Partnern gemeinsam umgesetzt werden.
Mit speziellen Palliativ-Care-Teams will Malu Dreyer die Begleitung sterbender Menschen noch weiter verbessern. Rheinland-Pfalz verfüge über ein System von neun Palliativstationen, 28 ambulanten Hospizen und 45 regionalen Hospizgruppen. Insbesondere die ambulante Hospizarbeit, die getragen werde von der rheinland-pfälzischen Hospizbewegung, sei eine wichtige Säule der Sterbebegleitung. Hier seien 28 Hospizfachkräfte und 800 ehrenamtliche Hospizhelferinnen und -helfer tätig. Die Hospizfachkräfte sind in der Regel ausgebildete Krankenschwestern, die über eine Zusatzausbildung in der Palliativ-Pflege, also der Schmerzbehandlung, verfügen. Sie unterstützen die ambulanten Dienste und Ärztinnen und Ärzte in der Schmerzbehandlung und koordinieren den Einsatz der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Um die Zusammenarbeit zwischen der ambulanten Hospizarbeit und den Palliativstationen zu verbessern, sollen regionale Palliativ-Care-Teams gebildet werden, die aus einem Arzt und fünf Palliativ-Care-Kräften bestehen sollen.
Politik für und mit älteren Menschen
„Immer mehr Menschen wollen sich auch im Alter und auch bei Hilfe- und Pflegebedarf ein höchstmögliches Maß an Eigenständigkeit bewahren“, sagte die Ministerin. Die Landesregierung habe sich deshalb die Förderung neuer Wohnformen besonders zum Ziel gesetzt, um dem Bedarf und den Wünschen der Menschen zu entsprechen. Es gehe dabei um die Entwicklung neuer Wohnformen, wie Wohngemeinschaften, Hausgemeinschaften, intergeneratives Wohnen oder neue Wohnformen bei Pflege oder Demenz. Die Landesregierung will beim Ausbau dieser neuen Wohnformen alle beteiligten Partner der Sozial- und Bauplanung ebenso wie Sozialverbände, soziale Dienste, Selbsthilfe und Wohnungswirtschaft eng einbeziehen. Anfang Februar werde sich ein Kooperationsforum „Neue Wohnkonzepte für ein langes Leben“ konstituieren, in dem alle Partner vertreten seien und dessen Auftrag es sei, konkrete Vorschläge für neue Konzepte vorzulegen und Projekte in diesem Bereich gezielt zu unterstützen und voranzutreiben, wie die Ministerin ankündigte.
Politik für und mit behinderten Menschen
In der Politik für und mit behinderten Menschen sind Integration, Teilhabe und Selbstbestimmung auch weiterhin die Leitlinien, an denen sich das Ministerium ausrichtet. Hier arbeite ihr Haus eng mit der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und mit den Interessenverbänden behinderter Menschen zusammen. Ein wesentliches Ziel sei die Integration behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt; die bisherigen Maßnahmen hätten dazu geführt, dass die Arbeitslosigkeit behinderter Menschen im Land seit 1999 um mehr als 22 Prozent gesunken ist. Zusätzlich zu den bundespolitischen Aktivitäten habe das Land als erstes Bundesland flächendeckend Integrationsfachdienste und berufsbegleitende Dienste eingeführt. Zudem seien Landessonderprogramme aufgelegt worden, um die Anreize für Arbeitgeber zur Einstellung behinderter Menschen zu verstärken. Das aktuelle Sonderprogramm soll verstärkt auf besondere Zielgruppen wie junge und ältere behinderte Menschen, Teilzeitbeschäftigte und Langzeitarbeitslose ausgerichtet werden. Darüber hinaus werde es in diesem Jahr ein Budget für Arbeit geben, das den Übergang von der Werkstatt für behinderte Menschen in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern soll. Das Budget ist eine Geldleistung für Werkstattbeschäftigte, die es ihnen ermöglicht, einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt ausfüllen zu können. Das Budget für Arbeit soll zunächst ab März 2006 zeitlich befristet mit fünf Werkstätten erprobt werden.
Beim Wohnen für behinderte Menschen setzt das Land verstärkt auf die Stärkung gemeindenaher Formen des Wohnens und Unterstützens. Analog zur Psychiatriereform sollen ambulante Dienste flächendeckend auf- und ausgebaut und stationäre Angebote dezentralisiert werden. Dies werde in enger Kooperation mit Kommunen, Trägern von Diensten und Einrichtungen und Selbsthilfeverbänden umgesetzt. Insbesondere Kommunen könnten den konkreten Bedarf in einer Region am besten beurteilen. Dabei sei es jedoch unerlässlich, die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen in die Planung eng einzubeziehen. Ähnlich den gemeindepsychiatrischen Verbünden sollen Netzwerke von Diensten, Einrichtungen und sonstigen Hilfen gebildet werden, die jedem behinderten Menschen ein Hilfeangebot gemäß seinem individuellen Bedarf eröffnen.