Auernheimer: Arbeitslosigkeit als Hauptgrund für wachsende Ausgaben

Sozialhilfestatistik 2002

Nr. 117-4/03

Nachdem in den vergangenen Jahren ein stetiger Rückgang zu verzeichnen war, ist die Zahl der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr erstmals seit 1997 wieder angestiegen. Am Jahresende 2002 erhielten etwa 103.000 Menschen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt; dies sind etwa 2.600 oder 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr, wie Sozialstaatssekretär Richard Auernheimer heute in Mainz mitteilte. Verbunden damit ist auch ein Anstieg der Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt, also der klassischen Sozialhilfe, um 1,9 Prozent. Die Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt lagen bei 344,2 Millionen Euro (gegenüber 337,8 Millionen Euro im Jahre 2001). Die Hauptursache für diese Entwicklung sieht der Staatssekretär in der Arbeitslosigkeit, die in Rheinland-Pfalz ebenso wie im gesamten Bundesgebiet 2002 angestiegen sei.

Auch die Bruttoausgaben für die Sozialhilfe in Rheinland-Pfalz, also laufende Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen zusammen, sind gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Sie beliefen sich auf 1,066 Milliarden Euro; das sind 40 Millionen Euro oder 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Für Hilfen in besonderen Lebenslagen wurden 721,6 Millionen Euro ausgegeben (gegenüber 688,7 Millionen Euro im Jahre 2001). Die Steigerung entspricht 4,8 Prozent. Die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Sozialhilfe haben insgesamt 400 Millionen Euro für Hilfen zum Lebensunterhalt und in besonderen Lebenslagen aufgewendet. Das entspricht Ausgaben in Höhe von rund 100 Euro je Einwohner (2001 waren es noch 97 Euro). Die pro-Kopf-Belastung der Gebietskörperschaften fällt dabei - wie auch in den vergangenen Jahren zu beobachten - sehr unterschiedlich aus. Während die Sozialhilfeausgaben je Einwohner bei den Landkreisen lediglich 73 Euro betragen, sind die kreisfreien Städte mit 178 Euro belastet.

Ein Hauptgrund für die erstmals seit längerer Zeit wieder ansteigende Zahl der Hilfeempfänger klassischer Sozialhilfe sei die Arbeitslosigkeit, so der Staatssekretär. Dies werde an dem mit 11,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr auffallend hohen Anstieg der Hilfesuchenden deutlich, die arbeitslos gemeldet waren. Bereits seit Jahren bemühten sich vor allem die Kommunen im Rahmen der „Hilfe zur Arbeit“ darum, Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. So würden beispielsweise im Rahmen des Programms „Arbeit statt Sozialhilfe“ seit Mitte der 90er Jahre mit Förderung des Landes Koordinatoren eingesetzt, die die Beschäftigung und Qualifizierung von Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern organisieren. Auf der Basis einer Vereinbarung des Landes mit dem Landesarbeitsamt gebe es darüber hinaus bereits eine Reihe von Koordinierungsbüros und gemeinsamer Anlaufstellen, um die Zusammenarbeit zwischen Sozial- und Arbeitsämtern zu intensivieren. Damit habe das Land den Boden für eine Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe bereitet.

In der von der Bundesregierung eingeleiteten Reform des Arbeitsmarktes sieht der Staatssekretär die große Chance, die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen. Das so genannte Hartz-Konzept setze neue Impulse für den Arbeitsmarkt. Zur Umsetzung der Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz haben die Mitglieder des Arbeitsmarktbeirates beim rheinland-pfälzischen Arbeitsministerium in Mainz kürzlich eine Vereinbarung unterzeichnet, die konkrete Maßnahmen für ihre jeweiligen Verantwortungsbereiche vorsieht. Die Arbeit des Beirates, der aus Vertretern der Arbeitgeber, Gewerkschaften, Kommunen, Wohlfahrtsverbände und Kirchen besteht, soll dazu weiter intensiviert werden; die Mitglieder verständigten sich auf regelmäßige Berichte über die Entwicklung der vereinbarten Projekte und Maßnahmen. Die Arbeitsmarktakteure in Rheinland-Pfalz könnten dabei auf eine Reihe bereits bestehender Strukturen und erfolgreich arbeitender Projekte zurückgreifen, so Auernheimer. Als Beispiele nannte er den Einsatz von Koordinatorinnen und Koordinatoren „Hilfe zur Arbeit“, die Koordinierungsbüros von Arbeits- und Sozialverwaltung, das Modellprojekt FAIR in Worms oder die Outplacement-Beratung, die im Rahmen der Konversion erfolgreich angewendet wird. Die arbeitsmarktpolitischen Partnerinnen und Partner wollen diese bereits vorhandenen Ansätze weiterentwickeln, neue Impulse setzen und ihr Augenmerk dabei vor allem auch auf bestimmte Zielgruppen wie junge Menschen und Frauen legen.

Ein wichtiger Punkt des so genannten Hartz-Konzeptes sei die Verbesserung der Eingliederung von Langzeitarbeitlosen, so Auernheimer. Er erwartet, dass sich die erfolgreiche Umsetzung dieses Punktes auch positiv auf die Empfängerzahlen bei der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt niederschlagen wird. Unabdingbare Voraussetzung dafür sei die Reform der steuerfinanzierten Sicherungssysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, die zu einem einheitlichen Leistungssystem zusammengeführt werden sollen. Die intensivere Betreuung der erwerbsfähigen Hilfeempfänger und die einheitliche Aufgaben- und Finanzierungsträgerschaft könnten deutliche positive Wirkungen entfalten, wie auch eine Arbeitsgruppe der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen prognostiziert.

Ein Gesetzentwurf dazu wird nach Angaben des Staatssekretärs in der Sommerpause erwartet. Zu den Zielen gehören eine schnellere und passgenaue Vermittlung in Arbeit, ausreichende materielle Sicherung bei Arbeitslosigkeit in Abhängigkeit vom Bedarf (Vermeidung von Armut), Vermeidung einseitiger Lastenverschiebungen zwischen den Gebietskörperschaften sowie effiziente und bürgerfreundliche Verwaltung. Rheinland-Pfalz trete dafür ein, dass es eine klare Abgrenzung des Personenkreises gebe, der künftig die neue Leistung erhalten soll, so der Staatssekretär. Dabei sollten alle die Personen als erwerbsfähig angesehen werden, die zwischen 15 und 65 Jahre alt sind und nicht dauernd oder vorübergehend voll erwerbsgemindert sind. Neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen seien auch die Personen seiner Bedarfsgemeinschaft in das neue System zu integrieren. Dabei müsse sichergestellt sein, dass ein soziales Auffangnetz für Menschen erhalten bleibe, die nicht in das bestehende System einzuordnen sind. Die Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts sollten in der Regel dem Niveau der Sozialhilfe entsprechen, so der Staatssekretär. Die Leistungen müssten umfassend aus einer Hand erbracht werden. Der erwerbsfähige Hilfeempfänger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sollten im JobCenter von einem Fallmanager betreut werden. Er habe eine Schlüsselstellung, da er gewährleiste, dass die richtigen und zutreffenden Hilfen zur Integration erbracht werden.

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