Nr. 007-1/04
„Im vergangenen Jahr ist vieles auf den Weg gebracht worden, das es in diesem Jahr fortzuführen gilt“, wie die Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, Malu Dreyer, heute anlässlich der Jahresauftaktpressekonferenz ihres Hauses in Mainz erklärte. Als eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben sieht die Ministerin die sozial gerechte Gestaltung des anstehenden demographischen Wandels, der Politik und Gesellschaft vor sehr große Herausforderungen stellen werde. Es gelte, bereits jetzt die Weichen für dieses Zukunftsthema zu stellen, das nahezu alle Politikbereiche des Ministeriums durchziehe. Das Miteinander der Generationen in einer älter werdenden Gesellschaft werde im neuen Jahr ebenso eine Rolle spielen, wie die Fortführung der erfolgreichen Qualitätsoffensive ?Menschen pflegen?, die Fortsetzung der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik, die bedarfsorientierte Weiterentwicklung des Gesundheitswesens, die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen und die Stärkung der Familie.
Fortführung der Qualitätsoffensive ?Menschen pflegen?
Das Thema Pflege habe durch die von ihr initiierte Qualitätsoffensive „Menschen pflegen“ ein neues Gewicht erhalten und werde auch im neuen Jahr ein Schwerpunktthema für das Ministerium bleiben, wie die Ministerin ankündigte. Erklärtes Ziel der Pflegeoffensive sei es, vor dem Hintergrund des anstehenden demographischen Wandels auch künftig eine menschliche, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Pflege in Rheinland-Pfalz sicherzustellen. Dazu seien im vergangenen Jahr eine Vielzahl von Maßnahmen auf den Weg gebracht worden. Beispielhaft nannte die Ministerin die vom Landespflegeausschuss einvernehmlich verabschiedeten Leitsätze für die Pflege, das Informations- und Beschwerdetelefon Pflege, den Best-Practice-Prozess, die groß angelegte Werbekampagne Pflegeausbildung und die verstärkte Förderung von Aus- und Weiterbildung in der Pflege in Kooperation mit dem Landesarbeitsamt Rheinland-Pfalz/Saarland sowie ein Modellprojekt zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Demenzerkrankungen in stationären Pflegeeinrichtungen.
Im neuen Jahr würden diese Maßnahmen fortgeführt und durch weitere Akzente ergänzt, so die Ministerin. So soll beispielsweise der Best-Practice-Prozess mit fünf regionalen Pflegekonferenzen in die Regionen getragen werden. Ziel ist es, Strukturen auf örtlicher Ebene aufzubauen, die zu einer qualitativen Verbesserung der Pflege und vor allem zu einer engeren Vernetzung der am Thema Pflege beteiligten Partner führen. Die erste Konferenz wird nach Angaben der Ministerin am 22. April 2004 in Worms stattfinden.
Darüber hinaus werde in den kommenden Monaten der Blickpunkt noch stärker auf die Finanzierung und Wirtschaftlichkeit der Pflege gerichtet werden. Das Land Rheinland-Pfalz werde sich als Modellregion für ein bundesweites Modellprojekt der Pflegekassen zur Erprobung eines Persönlichen Budgets in der Pflege bewerben und habe gute Chancen, ausgewählt zu werden. Das personengebundene Budget soll - ähnlich dem bereits seit Jahren in Rheinland-Pfalz eingeführten Persönlichen Budget für behinderte Menschen - alle Leistungen für die Pflege abdecken und die Pflegebedürftigen in die Lage versetzen, sich ambulante Pflegeleistungen selbstbestimmt „einzukaufen“. Parallel dazu müssten die ambulanten Versorgungsstrukturen auf örtlicher Ebene ausgebaut werden. Die Erprobung von personengebundenen Budgets gehe einher mit einem neuen Pflegemanagement, dazu gehöre die Einführung von „Case-Managern“, die Pflegebedürftigen und ihren Familien bei der Auswahl der für sie geeigneten Versorgungsform zur Seite stehen. Malu Dreyer: „Dies wird langfristig zu einer völlig neuen pflegerischen Infrastruktur führen, in der der Grundsatz ?ambulant vor stationär? erheblich gestärkt und das Angebot noch stärker vernetzt und auf den Hilfebedarf des Einzelnen ausgerichtet ist.“
In diesen Kontext gehöre auch die Verbesserung der häuslichen Pflegebedingungen; nach wie vor würden etwa 70 Prozent aller Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt. Es gelte, pflegende Familienangehörige, Freunde und Bekannte sowie ehrenamtliche Helferinnen und Helfer noch stärker bei der Pflegetätigkeit zu unterstützen. Die Qualitätsoffensive „Menschen pflegen“ lege daher im kommenden Jahr einen besonderen Schwerpunkt auf die Unterstützung, Förderung und Qualifizierung von pflegenden Angehörigen, deren Partnern und Familien. In einer Fachtagung würden dazu Konzepte und Handlungshilfen vorgestellt. Ziel ist es, mit den Partnern unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche in einen Dialog zu treten und Kooperationen anzuregen, um Familien bei ihrer Sorge um ältere und pflegebedürftige Angehörige nachhaltig zu unterstützen. Dazu gehöre auch die Stärkung des ehrenamtlichen nachbarschaftlichen Engagements, dessen Potential für die Pflege längst noch nicht ausgeschöpft sei, so die Ministerin.
Ein Schwerpunkt der Pflegeoffensive bleibe die Verbesserung der Situation von Menschen mit Demenzerkrankungen. Mit einer breit angelegten Informationskampagne der Landeszentrale für Gesundheitsförderung von März bis September 2004 soll die Öffentlichkeit für die Bedürfnisse der Betroffenen und ihrer Angehörigen sensibilisiert werden, kündigte die Ministerin an. Unter Beteiligung der Alzheimer Gesellschaft Rheinland-Pfalz sowie von Ärzten, Apotheken, Pharmaunternehmen und Kommunen werde landesweit über die Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie und über bestehende Hilfeangebote informiert. Auch die Einrichtung einer Info-Hotline beim Zentrum für Validation in Bad Dürkheim diene der Beratung von pflegenden und betreuenden Angehörigen von Demenzerkrankten. Ein seit dem vergangenen Jahr laufendes gemeinsames Projekt mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ziele zudem auf die Entwicklung und Umsetzung spezieller Versorgungskonzepte in stationären Pflegeeinrichtungen ab. Die Ergebnisse des Projektes werden im Herbst 2004 in einer landesweiten Veranstaltung an alle stationären Pflegeeinrichtungen weitergegeben.
Fortgesetzt wird nach Angaben der Ministerin auch die „Bildungs- und Fachkräfteoffensive Pflege für Rheinland-Pfalz“. Neben der Fortführung der Reform der Altenpflegeausbildung liege der Schwerpunkt in diesem Jahr in der Neuordnung der Krankenpflegeausbildung und der Umsetzung des Krankenpflegegesetzes im Land. Dabei würden die Lerninhalte den neuen Anforderungen angepasst, etwa durch mehr theoretischen und praktischen Unterricht sowie durch den Bedeutungszuwachs der ambulanten Dienste in der Ausbildung. Zudem werde die schulische Ausbildung deutlich stärker an der Praxis orientiert. Um die Qualität der Ausbildung landesweit zu sichern, werde erstmalig in der Krankenpflege in Rheinland-Pfalz ein landeseinheitlicher Lehrplan zusammen mit den Krankenpflegeschulen und den Trägern der praktischen Ausbildung entwickelt.
Darüber hinaus werde die Finanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflegeausbildung neu geregelt. Dadurch könnten die Ausbildungsbereitschaft der Einrichtungen weiter gesteigert und ambulante Dienste zur Ausbildung motiviert werden, so die Ministerin: „Wir benötigen dringend zusätzliche Ausbildungsplätze, damit alle vom Land Rheinland-Pfalz bereitgestellten Schulplätze in der Altenpflegeausbildung besetzt werden können“. Flankierend soll auch die „Werbekampagne Pflegeausbildung“ im Frühjahr fortgesetzt werden, um die attraktiven und zukunftssicheren Ausbildungsgänge in der Pflege weiter bekannt zu machen.
Miteinander der Generationen in einer älter werdenden Gesellschaft
Mit Blick auf die demographische Entwicklung gewinne die Stärkung von bürgerschaftlichem und nachbarschaftlichem Engagement immer mehr an Bedeutung, so die Ministerin. Die älter werdende Gesellschaft, aber auch der Wertewandel und die Veränderung traditioneller Familienstrukturen stellten das Zusammenleben der Generationen vor neue Herausforderungen. Um diesen neuen Herausforderungen frühzeitig begegnen zu können und rechtzeitig die Weichen für eine adäquate Politik zu stellen, werde sie in diesem Jahr ein so genanntes Bürgergutachten mit dem Titel „Miteinander der Generationen in einer alternden Gesellschaft“ in Auftrag geben, so die Ministerin. Das Bürgergutachten werde in voraussichtlich acht Planungszellen erarbeitet. Planungszellen sind nach Angaben der Ministerin Gruppen von etwa 25 im Zufallsverfahren ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern, die für etwa eine Woche von ihren Verpflichtungen freigestellt werden und Lösungen für ein vorgegebenes Problem erarbeiten. Bei ihren Beratungen würden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch eine Moderation und durch - auch kontroverse - Inputs von Fachleuten unterstützt. Die Ergebnisse der Beratungen würden in dem Bürgergutachten zusammengefasst, das wiederum zu einer wichtigen Grundlage für politische Entscheidungen werde. Um die Repräsentativität zu erhöhen, arbeiteten in der Regel mehrere Planungszellen an demselben Thema.
Zu den konkreten Fragestellungen des geplanten Bürgergutachtens gehören: Wie bewerten die Bürgerinnen und Bürger die derzeitigen Formen des gesellschaftlichen Miteinanders der Generationen in den Lebensbereichen „Arbeit“, „Wohnen“, „Soziale Beziehungen“? Welche neuen Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Solidarität zwischen den Generationen sind vorstellbar und wie lassen sich diese neuen Formen umsetzen und gestalten? Wie kann Politik diesen Prozess unterstützen?
Malu Dreyer: „Hinter dem Konzept steht die Erfahrung, dass sich Bürgerinnen und Bürger in der Auseinandersetzung mit einem Thema innerhalb kürzester Zeit zu Expertinnen und Experten entwickeln und kompetente und vor allem auch umsetzbare Lösungsstrategien für Problemlagen erarbeiten“. Das Instrument der Planungszellen berge gerade in der Auseinandersetzung mit dem Thema „Miteinander der Generationen in einer alternden Gesellschaft“ große Chancen, so die Ministerin. Zum einen komme es bei der Entwicklung neuer Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens in besonderem Maße auf die Erfahrungen und das Know How der Bürgerinnen und Bürger an. Durch die heterogene und repräsentative Zusammensetzung der Planungszellen könnten verschiedenste Perspektiven in die Entscheidungsfindungen und Bewertungen mit einfließen. Erfahrungsgemäß würden in Planungszellen besonders innovative Vorschläge entwickelt. Die Ergebnisse orientierten sich am Gemeinwohl, sie seien in der Gesellschaft konsensfähig und hätten eine hohe Akzeptanz.
Von den Ergebnissen des Bürgergutachtens seien auch wertvolle Hinweise für die Arbeit der Landesleitstelle „Älter werden in Rheinland-Pfalz“ zu erwarten, so die Ministerin. Die Landesleitstelle habe seit ihrer Gründung eine Vielzahl von Aktivitäten für und mit Seniorinnen und Senioren in Gang gesetzt, die auch im neuen Jahr gemeinsam mit den landesweiten Kooperationspartnern fortgeführt würden. Im Mittelpunkt stünden dabei insbesondere die Unterstützung und Förderung von gemeinschaftlichen Wohnformen für ältere Menschen, Fortbildungsangebote beispielsweise zur Internetnutzung und die Förderung der gesellschaftspolitischen Beteiligung von Seniorinnen und Senioren. Die Informationsschrift „Spätlese“, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiere, werde sich mit dem Schwerpunktthema „Gesundes Altern“ befassen. Besondere Aufmerksamkeit erhalte die Entwicklung von Integrations- und Hilfeangeboten für ältere Migrantinnen und Migranten. Hierbei werde es um Maßnahmen gehen, die das Zusammenleben von älteren Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen fördern. Dies ergänze die Maßnahmen, die für ältere Migrantinnen und Migranten im Rahmen der Qualitätsoffensive „Menschen pflegen“ entwickelt werden, so die Ministerin.
Reform der Alterssicherung
Vor dem Hintergrund des sich verändernden Altersaufbaus der Bevölkerung werde die Alterssicherung noch mehr an Bedeutung gewinnen, so die Ministerin. Deshalb müssten heute schon die Weichen für zukünftige Entwicklungen gestellt werden. Bereits eingeleitete Maßnahmen auf Bundesebene trügen dazu bei, den Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung trotz schwieriger gesamtwirtschaftlicher Situation derzeit noch stabil zu halten. Die von der Bundesregierung geplante Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in die Rentenanpassungsformel trage ebenfalls der zu erwartenden demographischen Entwicklung Rechnung. Darüber hinaus würden Anreize zur Frühverrentung zügig abgebaut. Zu einer langfristig angelegten Strategie gehöre aber auch der weitere Ausbau der ergänzenden kapitalgedeckten Vorsorge, die Vereinfachung der so genannten „Riester-Rente“ und die Weiterentwicklung der betrieblichen Altersversorgung, so die Ministerin. Alles dies seien wichtige Schritte in die richtige Richtung.
Von erheblicher landespolitischer Bedeutung sei die anstehende Organisationsreform innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung, erklärte die Ministerin. Die nicht mehr zeitgemäße Trennung in Arbeiter- und Angestelltenversicherung werde von einer Struktur abgelöst, der ein einheitlicher Arbeitnehmerbegriff zugrunde liege. Die Neustrukturierung werde die Landesversicherungsanstalten stärken. Auch für den Standort Speyer, an dem die Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz ihren Sitz hat, sei dies ein positives Signal. Das Organisationsreformgesetz soll zum Jahr 2005 in Kraft treten.
Fortsetzung der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik
Die Reformen am Arbeitsmarkt konnten Ende vergangenen Jahres nach langwierigen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss und in einer speziellen Arbeitsgruppe „Wirtschaft und Arbeit“ zu einem erfolgreichen Abschluss geführt werden. Neben der Umstrukturierung der Arbeitsverwaltung werde vor allem die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, die zum 1. Januar 2005 in Kraft tritt, weitreichende Änderungen für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, aber auch für die Träger der Grundsicherung mit sich bringen, so die Ministerin. Die vom Arbeitsministerium seit Beginn des Gesetzgebungsverfahrens favorisierte Lösung einer Zusammenarbeit der „neuen“ Agenturen für Arbeit mit den Kommunen habe dabei ihren Niederschlag im neuen SGB II - Grundsicherung für Arbeitssuchende - gefunden. Gleichzeitig sei den Kommunen die Möglichkeit einer kommunalen Trägerschaft eröffnet worden. Diese Form der Trägerschaft solle noch in einem neuen Gesetz, das im ersten Halbjahr diesen Jahres beschlossen werden soll, konkretisiert werden. Die Ministerin erinnert in diesem Zusammenhang an die erfolgreichen Projekte der Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Sozialämtern in Rheinland-Pfalz. Diese seit Jahren bestehenden Formen der Zusammenarbeit seien Vorläufer der jetzt im SGB II beschlossen Arbeitsgemeinschaften, so die Ministerin. Je enger die Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Sozialämtern, umso besser seien die Vermittlungsergebnisse für die betroffenen Sozialhilfeempfänger.
Das rheinland-pfälzische Arbeitsministerium wird nach Angaben der Ministerin die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitssuchende gemeinsam mit seinen Partnern und den bestehenden Gremien, wie dem Arbeitsmarktbeirat, vorantreiben und die Träger der Grundsicherung sowie alle beteiligten Partner mit dem zur Verfügung stehenden arbeitsmarktpolitischen Instrumentarium gezielt unterstützen. Dazu würden auch die arbeitsmarktpolitischen Landesprogramme den neuen Gegebenheiten und Bedarfen angepasst werden.
Die zur Verfügung stehenden Arbeitsmarktmittel werden weiterhin gezielt zur Bekämpfung und Vermeidung von Arbeitslosigkeit sowie zur Begleitung des Strukturwandels eingesetzt, wie die Ministerin weiter ankündigte. Dass die Landesregierung mit ihrer aktiven Beschäftigungspolitik auf dem richtigen Weg sei, zeige die Tatsache, dass Rheinland-Pfalz im Jahresdurchschnitt 2003 im Bundesvergleich den drittbesten Platz in der Arbeitsmarktstatistik aufweise. Uneingeschränktes Ziel der rheinland-pfälzischen Arbeitsmarktpolitik bleibe es, vor allem den am Arbeitsmarkt benachteiligten Personengruppen durch zielgerichtete und zukunftsfähige Qualifizierungen den Zugang zum Erwerbsleben zu ermöglichen. Zu ihnen gehören neben den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor allem auch geringqualifizierte Personen, Langzeitarbeitslose, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie benachteiligte Jugendliche. Daneben stünden nach wie vor auch diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Blickpunkt, die aufgrund des Abzugs der alliierten Streitkräfte sowie der Bundeswehrreform von Arbeitslosigkeit bedroht oder betroffen seien. Der rasante strukturelle und technologische Wandel in den vergangenen Jahren lasse präventiv ausgerichtete Maßnahmen in den Vordergrund treten, so die Ministerin. Die Stärkung des lebenslangen Lernens, die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit der Untenehmen und die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erhielten eine immer größere Bedeutung.
Angesichts der Globalisierung, des technischen und demographischen Wandels und den sich daraus abzeichnenden Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Arbeitwelt werde das Thema „Zukunft der Arbeit“ immer mehr in den Mittelpunkt rücken, so die Ministerin. In diesem Zusammenhang richte die Landesregierung verstärkt ihren Blick auf Aktivitäten, die einem spätestens ab 2010 drohenden Arbeits- und Fachkräftekräftemangel entgegenwirken. Es gelte, bisher nicht vollständig genutzte Beschäftigungspotentiale stärker auszuschöpfen. Als Beispiel nannte die Ministerin die Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. In Zukunft werde es - nicht zuletzt im Interesse der Betriebe selbst - darauf ankommen, ältere Beschäftigte länger als bislang im Erwerbsleben zu halten. Die Landesregierung unterstütze und begleite die dafür notwendigen Anpassungsprozesse in den Betrieben beispielsweise in Bezug auf Qualifizierung, Arbeitsorganisation, Personalpolitik, Arbeitszeitgestaltung und betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz.
„Eine weitere wichtige Zielgruppe sind Frauen“, so Malu Dreyer. Frauen seien heute ebenso gut oder besser qualifiziert als Männer und planten die Berufstätigkeit ebenso als selbstverständlichen Bestandteil ihres Lebens ein. Dennoch liege die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Deutschland deutlich unter der der Männer. Diese Diskrepanz gelte es auch vor dem Hintergrund des anstehenden demographischen Wandels aufzubrechen. Im Rahmen seiner Arbeitsmarktpolitik fördere das Land die Beschäftigung von Frauen durch Qualifizierung, durch Förderung von Existenzgründungen, durch Maßnahmen zu Unterstützung der Ausbildung von Mädchen und jungen Frauen und durch Projekte zur Anpassungs- und Aufstiegsqualifizierung von Frauen. Das Land unterstütze darüber hinaus den Auf- und Ausbau flexibler Arbeitszeit- und Arbeitsorganisationsmodelle, um Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.
Auch bei Migrantinnen und Migranten gebe es noch erhebliche Beschäftigungspotentiale, die es zu nutzen gelte, so die Ministerin. Das Arbeitsministerium unterstütze jährlich bis zu 15 Maßnahmen und Projekte, die auf die berufliche Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern abzielen. Als Beispiel nannte die Ministerin InPact, ein Projekt, das den unterschiedlichen Akteuren in der multikulturellen Arbeitswelt zusätzliche Kenntnisse und Kompetenzen in Fragen der Integration und Gleichstellung von Menschen mit Migrationshintergrund vermitteln soll. Ein weiteres Projektbeispiel sei das Berufliche Qualifizierungsnetzwerk für junge Migranten und Migrantinnen, das auf den Aufbau eines landesweiten Netzwerkes zur Förderung des Zugangs junger Menschen mit Migrationshintergrund zum Ausbildungssystem abziele und jetzt gestartet werde.
Besonders im Blickpunkt der Landesarbeitsmarktpolitik bleiben nach Angaben der Ministerin auch die Beschäftigungs- und Ausbildungschancen junger, insbesondere benachteiligter junger Menschen. Schwerpunkte der vom Ministerium geförderten Maßnahmen seien Unterstützung beim Übergang von der Schule in den Beruf sowie die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze zur beruflichen Integration und Stabilisierung von Jugendlichen. „Die Maßnahmen, die in der Kampagne „Jugend in Arbeit“ gebündelt werden, werden auch im Jahr 2004 fortgeführt“, so die Ministerin. Es gelte, möglichst präventiv und frühzeitig anzusetzen. Von zentraler Bedeutung sei dabei das gezielte Zusammenwirken von Arbeitsmarktförderung, Schulen und Betrieben. Das neben der Kampagne Jugend in Arbeit im Sommer 2003 gestartete neue Programm „Jugend-Scouts“ werde noch bis Ende 2004 fortgeführt, wie die Ministerin mitteilte. In Rheinland-Pfalz haben bereits 15 kommunale Scouts ihre Arbeit aufgenommen, die mit den üblichen Instrumenten kaum erreichbare Jugendliche zur Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierung motivieren sollen.
Um Arbeitsmarktpolitik effizient und effektiv ausrichten zu können, werde es auch in Zukunft sehr stark darauf ankommen, die Arbeitsplätze in den Betrieben zu sichern, so die Ministerin. Betriebe und ihre Beschäftigten stünden vor der Herausforderung, den sich vollziehenden Strukturwandel positiv zu gestalten, und die Politik stehe in der Pflicht, sie darin zu unterstützen. Dies gelte vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Im Rahmen des Programms „Flankierung des regionalen Strukturwandels“ unterstütze das Land beispielsweise Arbeitsmarkt- und Qualifikationsbedarfsanalysen oder die Beratung und wissenschaftliche Begleitung bei betrieblichen Umstrukturierungsprozessen. In diesen Zusammenhang gehöre auch die Fortführung der bewährten Beschäftigungskonversion im Rahmen des Abzugs der alliierten Streitkräfte und der Bundeswehrreform.
Beim Thema „Zukunft der Arbeitswelt“ erhalte auch der Arbeitsschutz zunehmende Bedeutung, so die Ministerin. Die bisher erreichten Standards im Arbeits- und Gesundheitsschutz müssten nicht zuletzt vor dem Hintergrund der rasanten Verbreitung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien den Veränderungen der Arbeitswelt angepasst werden. Der Beirat für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am rheinland-pfälzischen Arbeitsministerium habe dazu ein Thesenpapier entwickelt, das insbesondere auch die psychosozialen Belastungen und Beanspruchungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Blickpunkt rücke. Daneben führe das Ministerium eine „Zukunftswerkstatt Arbeitsschutz“ durch mit dem Ziel, geeignete zukunftsgerichtete Strategien und Handlungsmöglichkeiten für die Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz aufzuzeigen. Mit Ergebnissen sei voraussichtlich Ende April zu rechnen.
Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung stellen nach Ansicht der Ministerin nach wie vor ein gravierendes Problem dar. Es sei daher sehr zu begrüßen, dass der Bund zum 1. Januar 2004 die Strukturen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit durch die Zusammenführung von Personal aus der Bundesagentur für Arbeit und der Zollbehörden und weitere Personalaufstockungen modernisiert habe. Die Bundesregierung arbeite darüber hinaus an einem umfassenden Artikelgesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit; das Land werde das Gesetzgebungsverfahren konstruktiv begleiten. Das Land Rheinland-Pfalz werde seine bewährte Arbeit zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung ebenfalls fortführen und dabei weiterhin auf die Arbeit der vom Arbeitsministerium eingesetzten „Sonderkommission Illegale Beschäftigung“ setzen. So seien auf örtlicher Ebene Gesprächsrunden der Arbeitsverwaltung, der Zollverwaltung, der Staatsanwaltschaften, der Polizei, der Steuerfahndung und der Sozialversicherungsträger installiert worden, um die Zusammenarbeit aller beteiligten Verfolgungsbehörden zu intensivieren. Mit Hilfe dieses „Bündnisses gegen illegale Beschäftigung“ werde es auch 2004 gelingen, die Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung noch effektiver zu koordinieren, so die Ministerin.
Armuts- und Reichtumsbericht der Landesregierung
Das Ministerium wird in diesem Jahr seinen dritten Armutsbericht vorlegen, der verglichen mit dem ersten und zweiten Bericht aus den Jahren 1993 und 1998 um einen Reichtumsbericht ergänzt sein wird, wie die Ministerin ankündigte. Das Land schreibt seine Armuts- und Reichtumsberichterstattung etwa alle fünf Jahre fort. Sie lege dabei großen Wert auf eine ziel- und ergebnisorientierte Zusammenarbeit gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern; daher sei zur Fortschreibung des Berichtes im Sommer vergangenen Jahres eine Arbeitsgruppe gebildet worden, in der neben dem Sozialministerium die LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz und die Gewerkschaften vertreten seien. Der Bericht soll bis zum Frühjahr vorgelegt werden und im Zusammenhang mit Armut und Reichtum relevante Aspekte behandeln. Dazu gehören nach Angaben der Ministerin die Themen Sozialhilfe, Teilhabe an Bildung und Ausbildung, Überschuldung, Gesundheitsversorgung, aber auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen besondere Bevölkerungsgruppen wie Familien, Kinder, arbeitslose Menschen, wohnungslose Menschen, ältere Menschen, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger, Migrantinnen und Migranten sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Wie bereits der zweite Armutsbericht der Landesregierung werde auch der dritte Bericht geprägt sein von einer differenzierten Betrachtungsweise, die die Lebenslagen der Menschen in das Zentrum stelle. Neu sei die Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverteilung innerhalb der Bevölkerung, so die Ministerin. Der Bericht soll Erkenntnisse für weitere sozialpolitische Maßnahmen liefern.
Gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen
Im nun abgelaufenen Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen ist es nach Ansicht der Ministerin gelungen, die zentrale Botschaft - Teilhabe verwirklichen, Gleichstellung durchsetzen, Selbstbestimmung ermöglichen - in eine breite Öffentlichkeit zu tragen. Es komme nun darauf an, die Dynamik, die das Europäische Jahr entfaltet habe, in die Zukunft wirken zu lassen. Malu Dreyer: „Es gilt, den in Gang gesetzten Prozess über das Europäische Jahr hinaus fortzuführen und das Bewusstsein für die umfassende Gleichstellung behinderter Menschen in einer breiten Öffentlichkeit zu verankern“. Die Landesregierung werde ihren Ansatz einer modernen Politik für und mit Menschen mit Behinderungen weiter konsequent verfolgen. „Größtmögliche Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung in den grundlegenden Lebensbereichen Arbeit, Wohnen, Mobilität und Freizeit sind die Ziele unserer Politik. Diese Ziele sind nur inmitten der Gesellschaft und nicht in isolierten Sondersystemen zu verwirklichen. Inmitten der Gesellschaft bedeutet: gemeindenahe Wohn- und Unterstützungsformen, Integration in den ersten Arbeitsmarkt sowie die Teilhabe an Kultur- und Freizeitangeboten“, so die Ministerin.
Zu Beginn des Europäischen Jahres sei das Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz in Kraft getreten, dessen Umsetzung zu den Hauptaufgaben der nächsten Jahre gehöre. Im Landesintranet sei bereits ein Wörterbuch für leichte Sprache installiert worden, um die Kommunikation mit Menschen mit Lernschwierigkeiten zu erleichtern. Für die Verständigung mit Behörden stünden Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher zur Verfügung. Darüber hinaus werde ein EDV-System zur barrierefreien Gestaltung von öffentlichen Gebäuden erarbeit, das unter anderem dem Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) als Planungsgrundlage diene. Für das neue Jahr werde die weitere Umsetzung von Barrierefreiheit in möglichst allen Lebensbereichen im Mittelpunkt stehen. Zum Bereich Verkehr und Mobilität sollen die Beteiligungsmöglichkeiten von Behindertenverbänden und kommunalen Behindertenbeauftragten und -beiräten stärker koordiniert werden, wie die Ministerin ankündigte.
Die Landesregierung werde auch weiterhin auf den Aufbau ambulanter und gemeindenaher Strukturen hinwirken. Die im vergangenen Jahr im Auftrag des Ministeriums erarbeitete Expertise „Wohnen, wo ich will“ enthalte wertvolle Hinweise, wie gemeindenahe Wohn- und Unterstützungsformen für behinderte Menschen auf- und ausgebaut werden könnten. Ziel sei es, so vielen behinderten Menschen wie möglich ein Leben außerhalb des Heimes zu eröffnen. Dies entspreche auch dem Wunsch der meisten Menschen mit Behinderungen. Auf der Basis der Expertise erarbeite derzeit eine Expertenkommission unter Leitung des Sozialstaatssekretärs und Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen, Richard Auernheimer, Vorschläge für den Aufbau von ambulanten Strukturen. Eine wichtige Rolle spiele dabei das Persönliche Budget, das behinderten Menschen ein selbständigeres Leben ermöglicht und das in diesem Jahr flächendeckend in allen Kommunen eingeführt sein wird, so die Ministerin. Das Land Rheinland-Pfalz hat das Persönliche Budget als eines der ersten Bundesländer im Jahre 1998 modellhaft eingeführt.
Zur umfassenden Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gehöre auch die Integration in den ersten Arbeitsmarkt, hob die Ministerin hervor. Dass diese Integration gut gelungen sei, zeige die Beschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen in Rheinland-Pfalz. So konnte die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen im Land von Oktober 1999 (8.744) bis Oktober 2003 (6.545) um 25,15 Prozent gesenkt werden. Damit liege Rheinland-Pfalz mit an der Spitze der Bundesländer. Die im Bundesvergleich guten rheinland-pfälzischen Ergebnisse seien darauf zurückzuführen, dass in Rheinland-Pfalz Rahmenbedingungen geschaffen worden seien, die sich positiv auf die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auswirkten. Hierzu gehöre neben dem rheinland-pfälzischen Sonderprogramm zum Abbau der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen auch die Initiierung von Integrationsprojekten, die Bezuschussung von Integrationsfachdiensten und Berufsbegleitenden Diensten sowie die Steigerung von Betriebsbesuchen, bei denen Arbeitgeber unter anderem auch über die Ausstattung von behindertengerechten Arbeitsplätzen informiert werden könnten.
Die Landesregierung messe Integrationsprojekten besondere Bedeutung zu, erklärte die Ministerin. Ihre Zahl soll beispielsweise durch den Aufbau von Integrationsabteilungen in Unternehmen der freien Wirtschaft in Zukunft deutlich erhöht werden. Die Zuschüsse zur Gründung und Erweiterung von Integrationsbetrieben könnten von jedem Arbeitgeber beansprucht werden. Im Rahmen von Gründungsberatungen könne der Zuschuss dem Bedarf des Betriebes angepasst werden. Die Werkstätten für behinderte Menschen seien wichtige Partner in diesem Prozess. Es sei wünschenswert, wenn sich die Werkstätten noch stärker an der Gründung von Integrationsprojekten beteiligten.
Gesundheitspolitik
In der Gesundheitspolitik werde das kommende Jahr geprägt sein von den Neuregelungen der Gesundheitsreform, so die Ministerin. Alle Akteure des Gesundheitswesens im Land, insbesondere Krankenkassen und Leistungsanbieter, seien aufgefordert, die Chancen des zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen GKV-Modernisierungsgesetzes zu nutzen. Malu Dreyer: „Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium wird die Umsetzung der Reform intensiv begleiten. Vor allem aber möchten wir die Partner im Land bestärken und darin unterstützen, die vielfältigen neuen Möglichkeiten zur Vertrags- und Tarifgestaltung intensiv zu nutzen, damit die Patientinnen und Patienten möglichst schnell von einer größeren Angebotsvielfalt und besseren Versorgungsstrukturen profitieren können“. Im Vordergrund stehe die Entwicklung innovativer Versorgungsformen wie die integrierte Versorgung, für die sich die Ministerin bereits im Rahmen der Konsensverhandlungen zur Gesundheitsreform eingesetzt hatte. Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium werde in diesem Jahr den Dialog mit den Akteuren im Gesundheitswesen etwa im Rahmen von Werkstattgesprächen fortführen, um die Umsetzung der neuen Versorgungsformen in Rheinland-Pfalz in Gang zu setzen, kündigte die Ministerin an.
In diesem Jahr soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge für eine Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs der Krankenkassen und des Organisationsrechts der Krankenkassen einschließlich des Aspektes kassenartenübergreifender Fusionen vorlegen. Das Land Rheinland-Pfalz werde sich wie schon bei den Konsensverhandlungen zur Gesundheitsreform aktiv in die Diskussion einbringen und dabei für eine Modernisierung des Organisationsrechtes der Krankenkassen und die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen einschließlich eines gerechten Risikostrukturausgleiches eintreten, so Malu Dreyer. In der Diskussion um eine Finanzierungsreform der Gesetzlichen Krankenkassen werde sie sich für eine Lösung einsetzen, die die Einnahmen der Krankenkassen auf eine breitere Basis stelle und verstetige. Die Beiträge der Versicherten müssten sich noch stärker nach ihrer tatsächlichen finanziellen Leistungsfähigkeit richten, um den solidarischen Ausgleich nicht nur erhalten, sondern insgesamt gerechter gestalten zu können.
Eine wichtige Voraussetzung für ein gut funktionierendes Gesundheitswesen sei ein straffes und wirtschaftliches stationäres Angebot auf medizinisch hohem Niveau, wie die Ministerin weiter unterstrich. Den Grundstein dafür lege das Land mit seiner Krankenhausplanung und hier insbesondere mit seinem vor wenigen Wochen verabschiedeten Landeskrankenhausplan 2003. Der Plan setze vor allem neue inhaltliche Schwerpunkte, wie die Verbesserung der Brustkrebsbehandlung, des diabetologischen Angebotes, der Akutversorgung von Schlaganfallpatienten, der Versorgung geriatrischer Patientinnen und Patienten und des gefäßchirurgischen Angebotes. Wegen der Verkürzung der durchschnittlichen Verweildauer von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus sei es möglich, das stationäre Angebot quantitativ zu straffen und rund 1.600 Betten in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern abzubauen. Gleichzeitig soll ein besonderes Augenmerk auf die Bildung von Krankenhausverbünden gelegt werden, um vor allem kleineren Krankenhäusern in strukturschwachen Gebieten eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, so die Ministerin.
In diesem Jahr werde die Umstellung der Krankenhausfinanzierung auf ein voll pauschalierendes Entgeltsystem für die Krankenhäuser zur Pflicht. Der neue Landeskrankenhausplan biete den Krankenhäusern in dieser schwierigen Phase Handlungsspielräume. Das neue leistungsorientierte Fallpauschalensystem werde erheblich zur Verbesserung der Qualität, Transparenz und Wirtschaftlichkeit der stationären Versorgung beitragen, erwartet die Ministerin. Mehr als die Hälfte der über 80 rheinland-pfälzischen Plankrankenhäuser hätten im vergangenen Jahr auf freiwilliger Basis das neue Entgeltsystem bereits erfolgreich erprobt. Der Umstellungsprozess von einer tagessatz- und budgetbezogenen auf eine leistungsorientierte Vergütung stelle an die Krankenhäuser hohe Anforderungen. Das Land Rheinland-Pfalz werde die Krankenhäuser nach Kräften bei diesem Prozess begleiten.
Ein Bestandteil der Gesundheitsreform sei auch die Neuorganisation der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen im Land, die zum 1. Januar 2005 zu jeweils einer landesweiten Körperschaft fusioniert werden, so die Ministerin. Damit werde in Rheinland-Pfalz eine Struktur eingeführt, die in fast allen anderen Bundesländern seit Jahrzehnten die Regel sei und sich gut bewährt habe. Die Zusammenlegung der derzeitigen Regionalkörperschaften werde gleichwertige Versorgungsstandards für ganz Rheinland-Pfalz schaffen. Die zu vereinigenden KVen und KZVen hätten die Aufgabe, die erforderlichen Organisationsänderungen im Einvernehmen mit dem Land durchzuführen. Die Landesregierung wirke auf eine dezentrale Organisationsstruktur mit regionalen Service-Zentren hin. Dies würde auch die Arbeitsplätze an den Standorten sichern, die nicht Hauptsitz der neuen Körperschaften werden. Es sei ihr ein besonderes Anliegen, die anstehenden Veränderungen gemeinsam mit allen Beteiligten anzugehen und vor allem auch die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen zu berücksichtigen, betonte die Ministerin. Die bisherigen intensiven Gespräche hätten gezeigt, dass die Selbstverwaltung der Kassenärztinnen und -ärzte die Chancen der Neuorganisation nutzen wolle und derzeit ein zukunftsweisendes Konzept erarbeite. Das Gesundheitsministerium biete hierbei Unterstützung an. Die Zahnärzteschaft sei aufgerufen, ebenfalls aktiv zu werden, um ihre Selbstverwaltung unter Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KZVen zu einem leistungsfähigen landesweiten Dienstleister umzugestalten und damit fit für die Zukunft zu machen, so Malu Dreyer.
Für die Landesgesundheitspolitik bleiben Prävention und Gesundheitsförderung Themen von höchster Priorität. Die Prävention biete die Chance, insbesondere chronische Erkrankungen zu verhindern oder deren Folgeschäden zu verringern, so die Ministerin. Gesundheit, Lebensqualität, Mobilität und Leistungsfähigkeit der Bevölkerung könnten durch geeignete präventive Maßnahmen nachhaltig verbessert werden. Gleichzeitig könne dadurch langfristig ein Beitrag zur Stabilisierung der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen geleistet werden. Es sei daher sehr zu begrüßen, dass die Bundesregierung ein eigenständiges Präventionsgesetz erarbeite, das den Stellenwert von Prävention und Gesundheitsförderung unterstreichen werde.
Prävention und Gesundheitsförderung müssten so früh wie möglich einsetzen, daher bleibe die Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ein Schwerpunkt rheinland-pfälzischer Gesundheitspolitik. Die bestehenden Initiativen und Angebote würden gemeinsam mit den Partnern wie Landeszentrale für Gesundheitsförderung, Ärzteschaft, Kostenträgern, Selbsthilfegruppen und anderen fortgeführt und ausgebaut. Als Beispiele nannte die Ministerin die Landesinitiative zur Vermeidung von kindlichen Fehlbildungen durch Folsäuremangel während der Schwangerschaft, die für ganz Deutschland beispielhaft sei, die Aufklärungskampagne zum Schutz vor dem Plötzlichen Säuglingstod, für die eigens ein Runder Tisch eingerichtet worden sei, und das im vergangenen Jahr gegründete Netzwerk Adipositas, das Maßnahmen zur Bekämpfung des Übergewichts bei Kindern und Jugendlichen ergreife.
Qualitätssicherung in der Suchtkrankenhilfe
Das Land verfügt nach Angaben der Ministerin über ein gut ausgebautes System der Suchtkrankenhilfe, das stetig weiterentwickelt werde. Vor allem in Zeiten enger werdender finanzieller Spielräume erhielten Maßnahmen der Qualitätsentwicklung immer mehr Bedeutung. Ein Projekt der Stadt Mainz habe vor diesem Hintergrund exemplarischen Charakter, so die Ministerin. Mit Unterstützung des Landes habe die Stadt Mainz das Beratungsstellenangebot im Jugend- und Sozialbereich untersuchen lassen, um die Infrastruktur an Beratungsdiensten effektiver zu gestalten. Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse finden jetzt Leistungsverhandlungen mit drei Beratungsbereichen statt, der Suchtberatung, der Erziehungsberatung und der Wohnungslosenhilfe. Dabei gilt es, Finanzierungsvereinbarungen zu treffen, die Elemente wirkungsorientierter Steuerung berücksichtigen. Mit ersten Ergebnissen ist Ende 2004 zu rechnen. Das Land erwarte von den Ergebnissen Anstöße für die landesweite Weiterentwicklung der Beratungsstellen, erklärte die Ministerin.
Seit rund zwei Jahren wird eine qualifizierte Entzugsbehandlung Drogenabhängiger mit jeweils 20 Plätzen in der Rhein-Mosel-Fachklinik in Andernach und dem Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie in Klingenmünster angeboten. Erprobt würden in den Fachkliniken eine medikamentengestützte Entzugsbehandlung - in der Regel mit Methadon - und eine akupunkturgestützte Entzugsbehandlung opiatabhängiger Menschen. Die neuen Behandlungsansätze konnten in beiden Einrichtungen erfolgreich implementiert werden. Der Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung werde in Kürze veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigten die Notwendigkeit einer weiteren Differenzierung der Entzugsbehandlung, um Drogenabhängigen mit ihren vielschichtigen Problemen gerecht zu werden, so die Ministerin.
Eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Wiedereingliederung suchtkranker Menschen sei die berufliche Integration, wie die Ministerin unterstrich. Mit dem Projekt ?Jobwärts? sei in Trägerschaft der ibis acam academie und des Vereins „Mit Jugend gegen Drogen“ in Worms und mit Förderung des Landes ein Angebot geschaffen worden, das die schnelle und passgenaue Vermittlung suchtkranker Menschen in den Arbeitsmarkt zum Ziel habe. Dazu seien Stellen mit speziell ausgebildeten Fachkräften eingerichtet worden, die auch die Fachkräfte in den Beratungsstellen der Suchtkrankenhilfe unterstützen. Das Projekt sei im Januar gestartet und bis April 2006 befristet. Von der wissenschaftlichen Auswertung erwartet sich die Ministerin wichtige Aufschlüsse für die weitere Arbeit.
Familien stärken
Die Stärkung der Familie ist für die Ministerin nach wie vor eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben. Sie habe daher im November vergangenen Jahres einen Landesbeirat für Familienpolitik ins Leben gerufen, der die Landesregierung in familienpolitischen Fragen beraten und entsprechend dem Querschnittscharakter von Familienpolitik zu einer stärkeren Vernetzung aller am Thema Familienpolitik beteiligten Akteure beitragen soll. Der Landesbeirat sei in seiner Form und Breite in Bund und Ländern ohne Vorbild; ihm gehören Vertreterinnen und Vertreter von Familienverbänden, Kommunen, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Fachorganisationen, Wissenschaft und den Fraktionen des Landtags an. In seiner Zusammensetzung komme das Verständnis von Familienpolitik als Querschnittsaufgabe zum Ausdruck. Der Landesbeirat habe in seiner ersten Sitzung beschlossen, sich in der ersten Arbeitsphase schwerpunktmäßig mit dem Thema „Familie und Arbeit“ und in diesem Kontext besonders mit dem Anliegen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsberuf zu befassen.
Malu Dreyer: „Die Gesellschaft ist einem tiefgreifenden Wandel unterworfen. Soziale Sicherungssysteme stehen auf dem Prüfstand, Familienstrukturen befinden sich im Umbruch, und Familien sind immer höheren Anforderungen ausgesetzt. Demgegenüber sind Erziehungs- und Familienkompetenz nicht naturgegeben, sondern müssen erlernt werden“. Es sei Aufgabe der Politik, angemessene Rahmenbedingungen der Eltern- und Familienbildung zu setzen, um Eltern bei der Erfüllung ihrer Erziehungsaufgaben zu unterstützen. Ein im Mai vergangenen Jahres von allen Jugendministerinnen und -ministern der Länder gefasster Beschluss, der federführend vom rheinland-pfälzischen Familienministerium erarbeitet worden sei, enthalte eine Vielzahl an Vorschlägen, um Eltern- und Familienbildung auszubauen und attraktiver zu gestalten. Mit der Fachtagung „Familien bilden - Familien stärken“ habe das Ministerium vor wenigen Tagen den Auftakt gesetzt, um gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Familienorganisationen und weiteren relevanten Akteurinnen und Akteuren aller gesellschaftlichen Bereiche Perspektiven für die Familienbildung zu entwickeln und die Arbeit der Beteiligten zu vernetzen. Eine Landesarbeitsgemeinschaft Familienbildung soll künftig dazu beitragen, Familienbildung als begleitendes Angebot für alle Familien bereit zu stellen.
Vor zehn Jahren wurde die Erziehungshilfeoffensive gestartet, die ein ganzes Maßnahmenbündel mit unterschiedlichen Förder- und Steuerungsinstrumenten umfasst. Das Spektrum der mittlerweile über 20 Einzelprojekte reiche von Maßnahmen der Praxisentwicklung über Forschungsvorhaben und Wirkungskontrollen bis hin zu Qualifizierungsmaßnahmen für die Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. Ein wesentliches Qualitätsmerkmal sei dabei die Kooperation und enge Zusammenarbeit mit Hochschulen, Forschungsinstituten, dem Landesjugendamt sowie öffentlichen und freien Trägern, so die Ministerin. Das Land habe für die Erziehungshilfeoffensive bislang rund 2,5 Millionen Euro aufgewendet. Hinzu kämen Mittel von Kommunen, freien Trägern und anderen.
In diesem Jahr sind nach Angaben der Ministerin zwei Schwerpunkte im Rahmen der Erziehungshilfeoffensive geplant. Zum einen soll die Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern und Heimen auf der einen und Schulen auf der anderen Seite verbessert werden. Dazu würden in der Region Pfalz in drei Gebietskörperschaften modellhaft Fortbildungen durchgeführt und der Aufbau lokaler Kooperationsnetzwerke unterstützt. Ein zweiter Schwerpunkt umfasse die konzeptionelle Weiterentwicklung der Heimerziehung. Zehn Jugendämter und fünf Heimträger der Region Rheinhessen-Hunsrück-Eifel beteiligen sich daran. Das Ministerium werde das zehnjährige Bestehen der Erziehungshilfe zum Anlass nehmen, im Rahmen einer großen Fachtagung mit Expertinnen und Experten eine Zwischenbilanz zu ziehen und den Blick auf die künftige Arbeit zu richten. Eine umfassende Dokumentation der bisherigen Arbeit biete eine im Auftrag des Ministeriums erstellte Publikation des Instituts für Sozialpädagogische Forschung Mainz.