Nr. 243-5/03
Die anonyme Geburt ist nach Ansicht von Familienministerin Malu Dreyer nur vertretbar, wenn sie eingebettet ist in ein Netz sozialer und sozialpsychologischer Hilfen. Die sich in einer extremen Notlage befindenden Frauen dürften nicht allein gelassen werden, sondern müssten gleichzeitig mit der zugesagten Anonymität auch Zugang zu Beratung und Hilfen erhalten, erklärte die Ministerin heute im rheinland-pfälzischen Landtag. Darüber hinaus müssten alle im Einzelfall möglichen Anstrengungen unternommen werden, um das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung zu sichern.
Die gegenwärtige Hilfepraxis im Bereich von Beratung, Kindesaufnahme, medizinischer und geburtshilflicher Versorgung unter Bedingungen von Vertraulichkeit müsse aus der Grauzone herausgeholt und auf eine rechtlich einwandfreie und verfassungsrechtlich unbedenkliche Grundlage gestellt werden, so die Ministerin. Daneben müsse das soziale und sozialpsychologische Hilfesystem für Frauen in Konfliktsituationen noch leichter erreichbar gemacht werden. Dazu müssten sich Krankenhäuser systematisch auf die Geburtshilfe in entsprechenden Fällen einstellen und gleichzeitig von ihrer rechtlichen Verpflichtung befreit werden, die Identität der Mutter zu ermitteln und gegebenenfalls weiter zu melden. Im Gegenzug müssten sie dafür Sorge tragen, dass eine medizinisch betreute Geburt möglichst auch durch eine sensible sozialpsychologische Beratung vorbereitet und begleitet wird. Krankenhäuser und Beratungsstellen müssten hierzu gemeinsam mit den Jugendämtern entsprechende Konzepte entwickeln; darüber hinaus müssten sich Beratungsstellen, geburtshilfliche Einrichtungen, Krankenhäuser, Hebammen, Jugendämter und Adoptionsvermittlungsstellen noch stärker auf die besonderen Bedürfnisse der Frauen in Konfliktsituationen einstellen und sich vor Ort zu einem bedarfsgerechten Hilfeangebot vernetzen, so die Ministerin.
Die rechtlichen Aspekte könnten nur vom Bundesgesetzgeber geregelt werden. Wenn der Bundestag erneut eine entsprechende Initiative ergreife und Regelungen anstrebe, die verfassungskonform seien und der Lage der betroffenen Mütter und ihrer Kinder gleichermaßen gerecht werden, werde die Landesregierung dies nachdrücklich unterstützen, kündigte die Ministerin an.