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Malu Dreyer zieht positive Zwischenbilanz des Integrationskonzeptes

Eine positive Zwischenbilanz des vor gut einem Jahr im rheinland-pfälzischen Kabinett beschlossenen Integrationskonzeptes mit dem Titel „Verschiedene Kulturen – Leben gemeinsam gestalten“ hat Sozialministerin Malu Dreyer heute in Mainz gezogen.

Zentrale Ziele des Integrationskonzeptes sind die gleichberechtigte Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in allen Lebensbereichen, die Intensivierung des gesellschaftlichen Dialogs und die Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund an allen politischen Entscheidungen. Seit dem Start des Integrationskonzeptes seien bereits viele Maßnahmen konkret umgesetzt worden, sagte die Ministerin. So wurde die Reform der Ausländerbeiräte zu Beiräten für Migration und Integration auf den Weg gebracht, der erste Landespreis für vorbildliches interkulturelles Miteinander in den Kommunen vergeben und ein interkultureller Pflegeratgeber entwickelt.

„Integrationspolitik ist Gesellschaftspolitik, von ihr hängt entscheidend ab, ob und wie der soziale Frieden gesichert, gute Ausgangsbedingungen für alle Menschen in Rheinland-Pfalz geschaffen und Konflikte produktiv gelöst werden können“, so die Ministerin. In Rheinland-Pfalz leben 703.000 Menschen mit Migrationshintergrund, 315.000 davon besitzen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit haben etwa 17 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes einen Migrationshintergrund; ihr Anteil an den Kindern bis sechs Jahren liegt sogar bei einem Drittel.

Migrantinnen und Migranten seien ein selbstverständlicher und unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft; ihre Integration sei Sache der gesamten Gesellschaft, nicht nur der Zugewanderten, so die Ministerin. Wichtig sei es, den Blick auf die Potentiale der Zugewanderten zu richten.

Das Integrationskonzept beschreibt acht Handlungsfelder jeweils mit Ausgangslage, Grundsätzen und Zielen sowie Handlungsansätzen. Als übergreifende Klammer für alle Handlungsfelder fungieren die interkulturelle Kompetenz und die interkulturelle Öffnung. Die interkulturelle Kompetenz beschreibe eine ganz wesentliche Anforderung vor allem an Behörden oder öffentliche Dienstleister, so die Ministerin. Das Sozialministerium hat dazu seine Dienstvereinbarung zur Förderung der personellen Vielfalt und zum Schutz vor Diskriminierung aktualisiert, zu der unter anderem gehört, dass Migrantinnen und Migranten gezielt bei Stellenausschreibungen zur Bewerbung aufgefordert werden. Außerdem werden Informationen für die Bevölkerung im Internet oder in Broschüren je nach Bedarf in verschiedene Sprachen übersetzt. Im Bereich der Prävention von Gewalt gegen Frauen werden spezielle Fortbildungen und Workshops für Fachkräfte beispielsweise in Frauenhäusern und Interventionsstellen angeboten; auch hier soll es Broschüren in verschiedenen Sprachen geben.

Als weiterer wichtiger Schritt wird im Geschäftsbereich des Innenministeriums im Rahmen der Ausbildungsreform für den gehobenen öffentlichen Dienst für den neuen Bachelor-Studiengang ‚Verwaltung’ und ‚Verwaltungsbetriebswirtschaft’ ein verpflichtendes Modul ‚Interkulturelle Kompetenz’ verankert; auch für den geplanten Bachelor-Studiengang in der Polizeiausbildung ist dieser verpflichtende Lerninhalt vorgesehen. Darüber hinaus will das Innenministerium mit einer Reihe von Maßnahmen verstärkt Migrantinnen und Migranten für den Polizeidienst gewinnen. Die Landesregierung will außerdem bei den Kommunen verstärkt für die Durchführung von Fortbildungen für die Fachkräfte in den kommunalen Verwaltungen werben.

Ministerin Dreyer rief 2008 die Aktionspartnerschaft „Vorsprung durch Vielfalt“ ins Leben, damit Unternehmen und öffentliche Verwaltungen in Rheinland-Pfalz die Potenziale der Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt erkennen und nutzen. Die Landesregierung unterstützt weiterhin die Kommunen bei der Integration vor Ort. Auf dem ersten Kommunalen Gipfel hätten viele Kommunen innovative Projekte und Maßnahmen der Integration gezeigt, drei davon habe sie mit dem Preis für vorbildliches interkulturelles Miteinander ausgezeichnet, den sie erstmals vergeben habe. Den ersten Preis erhielt die Stadt Koblenz für ihr beispielhaftes strategisches Integrationskonzept. Die Ministerin zeigte sich erfreut, dass weitere Kommunen Integrationskonzepte entwickeln wollten; das Land unterstütze sie dabei.

Die Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund in den unterschiedlichsten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, vor allem bei politischen Entscheidungsprozessen sei ein zentrales Ziel der Landesregierung. Nach wie vor gebe es Hindernisse, die einer stärkeren Beteiligung von Migrantinnen und Migranten entgegenstehen, wie beispielsweise das fehlende Kommunalwahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer aus Nicht-EU-Staaten trotz jahrzehntelangen legalen Aufenthaltes in Deutschland. Auch Parteien und Organisationen könnten sich noch stärker für Zugewanderte öffnen, so die Ministerin.

Zur stärkeren Partizipation trage wesentlich der bereits Anfang 2007 gegründete Landesbeirat für Migration und Integration bei, der bei Vorhaben der Landesregierung angehört werde, aber auch eigene Initiativen und Empfehlungen einbringe. Er beteilige sich auch in den acht Arbeitsgruppen, die zu jedem Handlungsfeld an der Umsetzung des Integrationskonzeptes mitwirkten. Sie sei sehr froh, dass zwischenzeitlich auch die Reform der kommunalen Beiräte zu Beiräten für Migration und Integration auf den Weg gebracht worden sei, so die Ministerin. Entsprechend der Verpflichtung im Integrationskonzept habe die Landesregierung im vergangenen Jahr eine Initiative in den Bundesrat eingebracht, um ein kommunales Wahlrecht für alle Ausländerinnen und Ausländer zu ermöglichen; diese Initiative scheiterte aber bislang am Widerstand der unionsgeführten Bundesländer. Die Ministerin kündigte an, dass die Landesregierung eine Informationskampagne zum neuen Einbürgerungsrecht starten werde, um weiterhin Migrantinnen und Migranten für eine Einbürgerung zu gewinnen; sie ermögliche die politische Partizipation am umfassendsten. Dass Rheinland-Pfalz hier bereits auf Erfolge verweisen könne, zeige die Tatsache, dass das Land bei der Einbürgerungsquote den zweiten Platz im Ländervergleich belege.

Eine entscheidende Voraussetzung für erfolgreiche Integration sei Bildung, so die Ministerin. Ein hoher Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund verlasse die Schule ohne einen qualifizierten Abschluss. Gleichzeitig zeigten die Zahlen auch eine andere Seite: Nach der Auswertung des Mikrozensus 2006 durch das Statistische Landesamt gebe es beim Anteil der Menschen mit Hochschulreife keinen Unterschied, gleich ob die Menschen Migrationshintergrund hätten oder nicht; und insbesondere sei der Anteil der Frauen mit Migrationshintergrund, die die Hochschulreife oder sogar einen Hochschulabschluss hätten, höher als bei den Frauen ohne Migrationshintergrund. Dies belege die Potenziale der Migrantinnen und Migranten.

Die Vermittlung der deutschen Sprache sei eine Grundvoraussetzung für Bildung, daher habe die Sprachförderung vor allem in Kindertagesstätten insbesondere im Rahmen des Programms ‚Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an’ für die Landesregierung oberste Priorität. Darüber hinaus wurden Fortbildungsmaßnahmen für Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte verstärkt und die Elternarbeit intensiviert. Seit dem vergangenen Jahr wurden eine halbjährliche Prüfung der sprachlichen Fortschritte in den Schulen und eine jährliche Dokumentierung des Bildungserfolgs von jungen Migrantinnen und Migranten eingeführt. Außerdem wurde die Sprachförderung in den Schulen durch den Rahmenplan ‚Deutsch als Zweitsprache’ systematisiert. Für Eltern von Erst- und Zweitklässlern mit Migrationshintergrund gibt es kostenlose Hausaufgabenhilfe.

„Eine qualifizierte Berufsausbildung und die Teilhabe am Arbeitsmarkt sind wesentliche Voraussetzungen für die erfolgreiche Integration in die Gesellschaft“, so die Ministerin. Der Übergang der jungen Menschen von der Schule in Ausbildung und Beruf und die Integration von erwachsenen Menschen mit Migrationshintergrund seien Schwerpunkte des Integrationskonzeptes. Grundsätzlich seien Migrantinnen und Migranten eine wichtige Zielgruppe aller arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Landesregierung, so Malu Dreyer. Daneben gebe es aber eine Reihe von Maßnahmen, die sich gezielt etwa an junge Menschen mit Migrationshintergrund wenden. Beispielhaft nannte die Ministerin die Projekte Berufsqualifizierungsnetzwerk (BQN) und InPact, die zusätzliche Ausbildungsplätze für Jugendliche mit Migrationshintergrund erschließen. Auch das Projekt IDA – Integration durch Ausbildung, das von türkischen Unternehmen getragen wird, sei ein gutes Beispiel für die Ausbildungsförderung junger Migrantinnen und Migranten. Darüber hinaus werden Eltern als Berufswahl- und Ausbildungsbegleiter unterstützt, und es gibt ein Mentorinnenprogramm speziell für junge Frauen mit Migrationshintergrund.

Für Familien mit Migrationshintergrund soll der Zugang zu Beratungs- und Informationsangeboten erleichtert werden, Beratungsangebote müssten sich noch stärker interkulturell ausrichten, sagte die Ministerin. Ein wichtiger Schritt dazu sei das vom Familienministerium entwickelte neue interkulturelle Begleitheft zum Familienpflegeratgeber Rheinland-Pfalz. Die Broschüre unterstütze Beratende im Bereich der Pflege darin, sich auf die besonderen Belange älterer Menschen mit Migrationshintergrund einzustellen; für die Ratsuchenden enthalte er wichtige Hinweise auf Ansprechpartner, Projekte und Adressen. Auch die vom Land geförderten Häuser für Familien stellen sich nach Angaben der Ministerin zunehmend auf den Kreis der Menschen mit Migrationshintergrund ein. So habe sich in Koblenz ein interkultureller Frauentreff in Kooperation zwischen dem Migrationsdienst der Caritas und dem Mehrgenerationenhaus gegründet. Auch die Familienbildungsstätten wollen ihren Blick noch stärker auf die Gruppe der Migrantinnen und Migranten richten und regionale Netzwerke für Familienbildung initiieren, um Beratungs- und Bildungsangebote direkt zu den Familien zu bringen.

Auch die Teilhabe und der Zugang zu Migrantinnen und Migranten zu den Angeboten im Gesundheitsbereich soll verbessert werden. Ein sehr wichtiges Projekt seien in diesem Zusammenhang die Gesundheitsteams vor Ort, die in Mainz und Trier in Stadtteilen mit schwierigem sozialem Umfeld aktiv sind und sich vor allem auch an Migrantinnen und Migranten richten, sagte Malu Dreyer. Das Ministerium will darüber hinaus die gesundheitlichen Informationen in seinem Internet-Angebot in unterschiedliche Sprachen übersetzen lassen, um ihre Nutzung für Migrantinnen und Migranten zu erleichtern. Bei Fragen rund um die Pflege leisteten beispielsweise die 135 Beratungs- und Koordinierungsstellen im Land umfassende Hilfe und Unterstützung. Die Initiative ‚Menschen pflegen’ lege einen Schwerpunkt auf die interkulturelle Pflege; so werde sich auch der zweite Pflegekongress im November mit dem Thema befassen. Die kultursensible Pflege sei bereits im neuen Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur verankert worden, so die Ministerin. Zur Unterstützung der Fachkräfte wurde eine Informationsbroschüre zum Thema kultursensible Pflege für Schülerinnen und Schüler in der Altenpflege und für Pflegekräfte zur Verfügung gestellt

„Rheinland-Pfalz erkennt unterschiedliche Religionen als Bereicherung der Gesellschaft an und fördert die kulturelle Vielfalt“, unterstrich die Ministerin. Den interreligiösen Dialog zu führen, sei Aufgabe der Religionsgemeinschaften. Die Landesregierung begrüße diesen Dialog. Sie setze sich für eine sachliche Diskussion über die Religionen in der Öffentlichkeit und für die gebotene Toleranz gegenüber den Religionen ein. Die Unterrichtsangebote für Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens wurden weiter ausgebaut: neben Ludwigshafen gibt es nun auch ein Unterrichtsangebot für islamischen Religionsunterricht an einer Grundschule in Mainz. Darüber hinaus haben die Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg eine Verwaltungsvereinbarung zur Ausbildung von islamischen Religionslehrkräften geschlossen. Zudem gibt es eine Fortbildung für Erzieherinnen und Erzieher zum besseren Verständnis anderer Religionen.

Die Landesregierung werde den Dialog der Kulturen weiter unterstützen und fördern, beginnend mit interkultureller Erziehung und Begegnung bereits in Kindergärten und Schulen, so die Ministerin. Kunst und Kultur leisteten wichtige Beiträge zur Verständigung und bereicherten das Zusammenleben in Rheinland-Pfalz. Die Landesregierung fördere bereits seit langem zahlreiche Projekte und Maßnahmen, die zur kulturellen Vielfalt und der Anerkennung zugewanderter Kulturen beitragen. Dies werde fortgeführt mit dem Ziel, zu mehr Verständigung, Aufklärung, Dialog und interkultureller Begegnung und zur Bewahrung der jeweiligen kulturellen Identität und damit zum Erhalt der kulturellen Vielfalt beizutragen. Mit einem Modellprojekt in Bad Kreuznach werde die Lese- und Schreibkompetenz von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gefördert. Das Landesbibliothekszentrum stelle Medienkisten in unterschiedlichen Sprachen für Kindergärten und Schulen zur Verfügung, das Thema Migration und Integration sei auch ein Thema der diesjährigen Bibliothekstage gewesen. In Arbeit sei außerdem ein virtuelles Migrationsportal.

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