Dreyer/Strobel: Den Blick stärker auf ältere Beschäftigte richten

Arbeit

Nr. 085-2/03

Arbeitsministerin Malu Dreyer und Landesarbeitsamtspräsidentin Eva Strobel haben an die Betriebe im Land appelliert, ihren Blick stärker als bisher auf ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu richten. Nur noch die Hälfte der Betriebe im Land hätten Beschäftigte, die 50 Jahre und älter seien. Gleichzeitig schätze der größte Teil der Unternehmen die Qualifikationen und Erfahrungen der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies ist ein zentrales Ergebnis einer Betriebsbefragung mit dem Schwerpunkt „Ältere Beschäftigte in Rheinland-Pfalz“, das Dreyer und Strobel heute in Mainz vorstellten.

„Eine wirksame Arbeitsmarktpolitik ist auf fundierte Informationen über die Situation auf dem Arbeitsmarkt, die Funktionsweisen des Arbeitsmarktes, die Einschätzungen der Betriebe und die Wirkung der eingesetzten arbeitsmarktpolitischen Instrumente angewiesen“, erklärten Dreyer und Strobel. Eine wichtige Informationsquelle sei hier das jährliche Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das bundesweit seit 1993 durchgeführt werde. Seit dem Jahr 2000 beteiligt sich das Land Rheinland-Pfalz finanziell an dem Panel; die Auswertung der rheinland-pfälzischen Daten führt das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) durch. Nachdem die Ergebnispräsentation bislang in Form eines ausführlichen Gesamtberichtes erfolgte, werden künftig kleinere Kurzberichte erstellt, die jeweils einen Schwerpunkt beleuchten. Damit kann schneller und thematisch abgegrenzt auf die Panel-Ergebnisse zurückgegriffen werden. Der erste Kurzbericht für das Jahr 2003 beschäftigt sich mit dem Thema „Ältere Beschäftigte in Rheinland-Pfalz“. Dazu wurden 726 rheinland-pfälzische Betriebe befragt.

Nach den Ergebnissen des Panels beschäftigen nur noch 50 Prozent der untersuchten Betriebe in Rheinland-Pfalz Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die 50 Jahre und älter sind. Der Bereich der öffentlichen Dienstleistungen weist den höchsten Anteil älterer Beschäftigter auf; deutlich unterdurchschnittlich vertreten sind ältere Beschäftigte im Baugewerbe. Ebenso gibt es ein deutliches Gefälle zwischen großen und kleinen Betrieben. Vor allem Kleinstbetriebe geben an, keine älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu beschäftigen. Große Betriebe beschäftigen dagegen fast immer auch Menschen über 50 Jahre. Mit weniger als 20 Prozent führen nur die wenigsten Betriebe mit älteren Beschäftigten spezielle Maßnahmen für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch. Altersgemischte Teams, eine besondere Arbeitsorganisation oder Ausstattung der Arbeitsplätze sowie die Anpassung von Leistungsanforderungen spielen kaum eine Rolle. Auch in betriebliche Weiterbildungsangebote sind ältere Beschäftigte kaum einbezogen.

In Diskrepanz dazu steht die positive Einstellung der Betriebe zu Eigenschaften, die sie überwiegend älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zuschreiben: Arbeitsdisziplin, Qualitätsbewusstsein und Erfahrungswissen der Beschäftigten wurden von den meisten Betrieben als die wünschenswertesten Eigenschaften eingestuft. Eine vergleichsweise geringe Rolle spielten dagegen Kreativität und Belastbarkeit. Die Betriebe sollten auch einschätzen, ob diese Eigenschaften eher bei älteren oder bei jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorhanden sind. Hier ergab sich, dass die Betriebe gerade die Qualifikationen, die sie als besonders wichtig erachten, eher älteren Beschäftigten zuschreiben. Gleichzeitig ist die Bereitschaft der Betriebe, offene Stellen mit älteren Beschäftigten zu besetzen, vergleichsweise gering: Nur 63 Prozent der Betriebe würden offene Stellen ohne Vorbehalt mit älteren Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern besetzen.

Diese Ergebnisse passen nach Ansicht von Dreyer und Strobel zu dem seit einigen Jahren sich abzeichnenden Trend, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsleben „auszugliedern“. Für die Unternehmen sei dies aber nur scheinbar ein sinnvoller Weg der Rationalisierung, da damit ein erhebliches Maß an Erfahrungswissen und Know-How verloren gehe. Gleichzeitig werde aufgrund der demographischen Entwicklung der Anteil älterer Menschen an der Gesellschaft wachsen; so werde nach Schätzungen der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung von heute 24 Prozent auf rund 35 Prozent im Jahre 2050 steigen. Der Arbeitsmarkt werde also zukünftig auf ältere Beschäftigte nicht verzichten können. Die Unternehmen müssten sich darauf in ihrer Personalpolitik einstellen und ihren Blick auch auf die älteren, erfahrenen Beschäftigten lenken, unterstrichen Dreyer und Strobel.

Für die Arbeitsmarktpolitik bedeute dies, Betriebe zu motivieren und zu unterstützen, ältere Menschen im Arbeitsprozess zu halten. Dazu gehöre, dass Arbeitsbedingungen im Einzelfall an die älteren Beschäftigten angepasst und gezielte, auf ein „lebenslanges Lernen“ ausgerichtete Qualifizierungen für diese Beschäftigten angeboten würden. Dazu gehöre aber auch eine innerbetriebliche Kultur der Toleranz und Akzeptanz. Die Landesregierung habe dazu in den vergangenen Jahren ein Bündel von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen entwickelt. Allein im vergangenen Jahr seien mit einem Fördervolumen von 1,2 Millionen Euro Projekte initiiert worden, die sich explizit an die Gruppe der älteren Beschäftigten richteten. Beispielhaft nannte die Ministerin das Projekt AquA, das Anpassungsqualifizierungen und Unterstützung für ältere IT-Fachkräfte anbiete, oder die Frankenthaler Firma KSB, die Arbeits- und Qualifizierungskonzepte für und mit älteren Beschäftigten erprobt habe.

Die Erkenntnisse aus dem Betriebspanel bestätigen die Arbeit der Arbeitsämter, die schon seit dem Jahr 2000 mit der Aktion „50plus - die können es“ die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in den Blickpunkt rücken. Die anstehenden demografischen Veränderungen haben Folgen für den Arbeitsmarkt und die Beschäftigten. „Wir werben bei den Betrieben für einen Mix aus Jung und Alt“ so Strobel. Mit den neuen Instrumenten, die durch das Hartz-Gesetz in Kraft getreten sind, werden den Betrieben - neben den bestehenden Fördermöglichkeiten - mehr Anreize für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer geboten. So gibt es neuerdings die Sicherung des Arbeitsentgelts bei der Aufnahme einer geringer bezahlten Beschäftigung sowie den Beitragsbonus für Arbeitgeber bei Einstellung älterer Arbeitnehmer. Ältere Arbeitslose sollten daher nicht den Mut verlieren. Allein im letzten Jahr konnten in Rheinland-Pfalz über 8.200 Arbeitslose, die älter als 50 Jahre waren, wieder in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden.

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