| Malu Dreyer: Integration liegt im Interesse aller

6. Integrationsministerkonferenz

Für eine Versachlichung des Themas Integration sprach sich heute in Mainz die Integrationsministerkonferenz aus. Es gehe darum, die Potentiale von Migrantinnen und Migranten in den Vordergrund zu stellen, ohne zweifellos vorhandene Probleme kleinzureden, sagte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Malu Dreyer nach der Konferenz. Auf ihrer 6. Konferenz am 16. und 17. Februar 2011 in Mainz beschlossen die für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder (IntMK) eine Reihe von Leitlinien und Postulaten zur Integrationspolitik. Gastgeberin der zweitägigen Konferenz war die Vorsitzende, die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Malu Dreyer.

Leitantrag „Integration – im Interesse aller! Chancen erkennen – Kompetenzen nutzen – Teilhabe fördern“
Im Mittelpunkt der Beratungen stand der vom Vorsitzland Rheinland-Pfalz eingebrachte Leitantrag „Integration – im Interesse aller! Chancen erkennen – Kompetenzen nutzen – Teilhabe fördern“, der einstimmig angenommen wurde. Er zeige ein gemeinsames Grundverständnis der Länder beim Thema Integration, so die Ministerin. „Integration wird in Deutschland tagtäglich tausendfach erfolgreich gelebt“, sagte Dreyer. Grundlage dafür sei eine wertschätzende Kultur der gegenseitigen Anerkennung, Toleranz und Rücksichtnahme. Integration sei ein wechselseitiger Prozess, der nicht allein von Zugewanderten, sondern auch von der Aufnahmegesellschaft Anstrengungen erfordere. Gleichzeitig hätten Aufnahmegesellschaft und Zugewanderte gleichermaßen ein gemeinsames Interesse, dass Integration gelinge. Die aufnehmende Gesellschaft profitiere davon, dass Migrantinnen und Migranten zur Vielfalt einer demokratischen Gesellschaft und zur Leistungsfähigkeit der Wirtschaft beitragen, so Dreyer.

Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen
Die Länder nahmen den Bericht der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung zum Gesetz zur Verbesserung der Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen zur Kenntnis. Sie sind sich im Ziel einig, dass die Anerkennung schnellstmöglich geregelt werden muss. Die Länder haben bereits ihrerseits Initiativen und Maßnahmen ergriffen, um die Anerkennung zu erleichtern und Kompetenzen festzustellen. Regelungsbedarf gibt es in Anerkennungsfragen sowohl auf der Bundes- als auch auf der Länderseite. Die Länder werden auch weiter ihren Teil zu einer besseren und schnelleren Anerkennung beitragen. Sie erwarten, dass der Bund sowohl bei der Formulierung des Gesetzes als auch bei der Schaffung entsprechender Beratungs- und Unterstützungsstrukturen frühzeitig und eng mit den Ländern zusammenarbeitet, so die Ministerin. Die IntMK bittet die Vorsitzende, mit dem Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz (KMK) in Kontakt zu treten, um das weitere Verfahren und die Beteiligung der IntMK an den Beratungen der KMK zu besprechen, insbesondere zu den Aspekten Nachqualifikation und Beratung.

Rahmenbedingungen für Integrationskurse
Die Integrationsministerkonferenz unterstrich, dass die Integrationskurse für den Integrationsprozess von essentieller Bedeutung seien. „Die Länder stellen sich ihrer Verantwortung und wollen - wie im Nationalen Integrationsplan zugesagt - im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und Möglichkeiten zur Steigerung des Erfolgs der Integrationskurse beitragen – wie nicht zuletzt der vorgelegte Zwischenbericht der länderoffenen Arbeitsgruppe zeigt“, so Malu Dreyer. Nach Angaben der Ministerin haben bis Ende 2010 rund 700.000 Menschen mit Migrationshintergrund bundesweit an einem
Integrationskurs teilgenommen. „Die Hälfte davon hat den Kurs in Eigeninitiative besucht. Das zeigt die hohe Bereitschaft zur Integration“, sagte die Ministerin. Die Ministerinnen und Minister der Länder begrüßen die Ankündigung der Bundeskanzlerin, die nachholende Integration zu forcieren und bis spätestens 2017 allen Interessierten die Möglichkeit zu einem Integrationskursbesuch zu geben. Ein erster Schritt sei der Wegfall der Wartezeiten im Jahr 2011. Gleichzeitig fordern sie den Bund auf, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit auch alle berechtigten Zugewanderten tatsächlich einen Integrationskurs besuchen können. Die Konferenz fordert den Bund auf, weitere im vergangenen Jahr eingeführte Einschränkungen beispielsweise in Bezug auf die Erhöhung der Teilnehmerzahlen bei Alphabetisierungskursen, Kinderbetreuung und Teilzeitkursen zurückzunehmen. Darüber hinaus fordern die Integrationsministerinnen und -minister den Bund auf, Maßnahmen zu ergreifen, damit die Lehrkräfte in Integrationskursen für ihre wichtige Arbeit angemessen entlohnt werden. Die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer unterstützen die Forderung der Bundesbeauftragen, den Kreis der zum Kursbesuch Berechtigten zu erweitern und auch Zugewanderte mit humanitären Aufenthaltserlaubnissen einzubeziehen.

Integrationsmonitoring der Länder
Fortschritte bei der Integration in Bildung und Ausbildung, im Arbeitsmarkt und im Sozialbereich zu beobachten und zu registrieren, ist Aufgabe des gemeinsamen länderübergreifenden Integrationsmonitorings. Dazu haben die Länder einen umfassenden Bericht zum Integrationsmonitoring erarbeitet. Erstmals liegen Informationen zum Stand der Integration in allen 16 Bundesländern vor. "Wer an Sachinformationen interessiert ist, der hat nun eine gute Datengrundlage für weitergehende Analysen zur Hand", sagte die Ministerin. Den Bericht haben Nordrhein-Westfalen und Berlin federführend für die Bundesländer erarbeitet. Der Bericht informiert über Bildung, Arbeit, Wohnen und weitere für die Integration zentrale Bereiche und wird nun veröffentlicht. Das Monitoring wird im Zweijahresrhythmus fortgeschrieben.

Kommunales Wahlrecht
Ministerin Dreyer bedauerte es, dass sich die Integrationsministerkonferenz nicht darauf einigen konnte, im Grundgesetz den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, langjährig legal in Deutschland lebenden Nicht-EU-Angehörigen das Recht zur Beteiligung an Wahlen und Abstimmungen in ihrer Kommune einzuräumen. In Deutschland leben mehr als 4,3 Millionen Ausländerinnen und Ausländer, die nicht das Recht haben, in ihren Kommunen zu wählen oder gewählt zu werden. „Gerade in großen Städten ist ein erheblicher Teil der Eingewanderten von der politischen Partizipation in ihrer Kommune ausgeschlossen. Wird ihnen ein Wahlrecht eingeräumt, erhalten ihre Interessen, ihre Probleme und ihre Bereitschaft zum Engagement stärkeres politisches Gewicht; sie werden als potentielle Wähler, Kandidaten und Parteimitglieder wahrgenommen“, so Malu Dreyer.

Aufhebung der Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern
Auch auf die Aufhebung der Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsgesetz konnte sich die Konferenz nicht einigen. Die Pflicht der Kinder ausländischer Eltern, die mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten haben und mit Erreichen der Volljährigkeit für die deutsche Staatsangehörigkeit optieren müssen, ist aus integrationspolitischer Sicht nach Meinung von Ministerin Dreyer absolut verfehlt. Sie sollten ebenso wie Kinder und Jugendliche binationaler Ehen ohne Bedingungen Deutsche bleiben. „Die Regelung zum Optionsverfahren ist sehr kompliziert und für die Betroffenen kaum verständlich“, sagte Ministerin Dreyer. Sie sei zum Teil auch unsinnig, denn optieren müssten beispielsweise auch Menschen, denen das Gesetz die Beibehaltung einer weiteren neben der deutschen Staatsangehörigkeit ausdrücklich erlaube. Das Verfahren sei zudem mit hohem Aufwand für Betroffene und Verwaltungen verbunden. Zahlreiche junge Menschen müssten sich um die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von Ländern bemühen, die hohe Anforderungen an die Ausbürgerung knüpfen. Viele empfänden die Pflicht zur Option als Infragestellung ihrer Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft, sie wollten keine Deutsche mit Vorbehalt sein. Ziel müsse es sein, den in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit das klare Signal zu geben, dass sie auf Dauer gleichberechtigte Mitglieder unserer Gesellschaft und als deutsche Staatsbürgerinnen und-bürger willkommen sind.

Teilen

Zurück