Malu Dreyer weist Kritik zurück

Gesundheitsreform

Nr. 122-3/03

Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer hat heute in Mainz die Kritik an der geplanten Gesundheitsreform zurückgewiesen. Mit dem von Regierung und Opposition erarbeiteten Konzept könnten die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich zurückgeführt, der umfassende Leistungskatalog für die Versicherten grundsätzlich erhalten, innovative Versorgungsstrukturen mit hoher Qualität aufgebaut und zusätzliche finanzielle Belastungen ausgewogen gestaltet werden. Wichtig sei dabei, dass das Krankheitsrisiko auch weiterhin solidarisch abgesichert bleibe. Die Ministerin hatte an den Konsensgesprächen zur Gesundheitsreform in Berlin teilgenommen.

Malu Dreyer: „Richtig ist zwar, dass in der Summe mehr Zuzahlungen als bisher von den Patientinnen und Patienten zu leisten sind. Aber durch die Einführung von Obergrenzen soll dafür gesorgt werden, dass der Einzelne nicht über Gebühr belastet wird.“ Die neu eingeführten Zuzahlungen dienten einerseits der Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits sollen sie eine Steuerungswirkung entfalten. Dies gelte zum Beispiel für die Praxisgebühr: „Ich halte die Praxisgebühr als Steuerungsinstrument für akzeptabel, zumal bei Überweisungen keine weitere Praxisgebühr anfällt, Patienten also nur einmal im Quartal die Gebühr zu entrichten hätten“, erklärte Malu Dreyer.

Die Ministerin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass alle Zuzahlungen unter die festgelegte Überforderungsgrenze von zwei Prozent des Bruttoeinkommens fallen. Das bedeute konkret, dass ein Versicherter mit einem beitragspflichtigen Einkommen von jährlich 30.000 Euro bei Krankheit mit maximal 600 Euro im Jahr belastet werde. In der Regel werde dieser Betrag aber nicht erreicht, da bei jeder einzelnen Leistung eine zusätzliche Überforderungsgrenze eingezogen wurde. So gelten bei Hilfsmitteln, bei Krankenhaustagen oder bei Medikamenten jeweils maximal 10 Euro als Höchstbeteiligung. Bei Familien mit Kindern liege die Belastung darunter, da eine neue familienpolitische Komponente eingeführt worden sei. Bei chronisch kranken Patientinnen und Patienten liege die jährliche Höchstbelastung bei 300 Euro, da bei dieser Gruppe die Belastungsgrenze bei einem Prozent des beitragspflichtigen Bruttoeinkommens festgesetzt worden sei.

Malu Dreyer zeigte sich überzeugt davon, dass die Reform für eine Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung sorgen wird und dass auch zukünftig die medizinisch notwendigen Leistungen für alle Versicherten unabhängig von ihrem Einkommen zur Verfügung stehen. Ohne die Reform wäre nach aktuellen Prognosen des Bundesgesundheitsministeriums der durchschnittliche Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2004 auf bis zu 15 Prozent gestiegen. Für einen Versicherten mit 30.000 Euro Bruttojahreseinkommen entstünde so durch die Absenkung der Beiträge eine Ersparnis von 210 Euro im Jahr 2004. Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden durch die Reform im Jahr 2004 jeweils um fünf Milliarden Euro entlastet. Die notwendige Beitragsabsenkung sei ohne die Zuzahlungen nur durch eine massive Privatisierung von Krankheitsrisiken möglich. „Dies wäre eindeutig die schlechtere Alternative“, so die Ministerin.

Malu Dreyer wies den Vorwurf zurück, die Reform belaste einseitig die Patientinnen und Patienten. Alle Akteure des Gesundheitswesens müssten im Rahmen der Reform ihren Beitrag leisten, der Konsens sei keineswegs allein zu Lasten der Versicherten und Patienten zu Stande gekommen. So kämen auf die Pharmaindustrie durch die neue Festbetragsregelung und die Nutzenbewertung Umsatzeinbußen zu, Ärzte und Krankenhäuser müssten im Jahr 2004 aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage mit einer erneuten Nullrunde bei der Budgetentwicklung rechnen, die Krankenkassen mit überdurchschnittlichen Verwaltungsausgaben würden gezwungen, diese zurückzuführen, Apotheker sähen sich einem stärkeren Wettbewerb durch Versandapotheken und Direktverträge ausgesetzt, die Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei den Ärzten würden verschärft und mehr Wettbewerb vor allem durch die Integrierte Versorgung eingeführt. Insgesamt werden diese Struktureffekte auf mindestens sieben Milliarden Euro geschätzt. Insbesondere die Krankenkassen forderte die Ministerin auf, die in der Reform angelegten Strukturmaßnahmen, wie beispielsweise die größere Vertragsfreiheit zum Abschluss von Einzelverträgen mit Leistungsanbietern zu nutzen.

„Kaum jemand, der Einblick in das System nimmt, ob als Patient, Anbieter, Kostenträger oder Politiker, kann ernsthaft die Reformbedürftigkeit unseres Gesundheitswesens bestreiten. Die Berliner Konsensrunde hat einen gangbaren Weg aufgezeigt. Alle Beteiligten sind nun aufgefordert, diesen Weg mitzugehen und die darin liegenden Chancen für mehr Qualität und Leistungsfähigkeit des Systems zu ergreifen“, so die Ministerin.

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