Nr. 082-4/04
„Behinderte Menschen wollen umfassende Teilhabe am beruflichen und gesellschaftlichen Leben und erwarten von der Politik, dass sie die Rahmenbedingungen dafür schafft“. Dies fasste der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen und Sozialstaatssekretär Richard Auernheimer als ein wichtiges Ergebnis seines jüngsten Internet-Chats mit behinderten Menschen zusammen. Das Chat-Angebot sei auf sehr große Resonanz gestoßen. Viele behinderte Menschen hätten sich daran beteiligt und ihre Wünsche und Meinungen vorgetragen. „Für die Landesregierung ist das Gespräch mit den Menschen eine wichtige Hilfestellung bei ihrer Politik, denn nur wenn wir die Wünsche und Bedürfnisse der betroffenen Menschen kennen, können wir angemessen handeln“, erklärte Auernheimer.
Auf besonders großes Interesse sei das Thema ?Arbeit? gestoßen. Hier sei beispielsweise nach den Aktivitäten der Landesregierung zur Beschäftigung behinderter Menschen gefragt worden. „In Behörden und öffentlichen Einrichtungen ist ein hoher Beschäftigungsstand erreicht. Das Sozialministerium erreicht beispielsweise einen Beschäftigungsgrad von weit über 10 Prozent“, so der Staatsekretär. Er wies darauf hin, dass noch weitere Anstrengungen durch Integrationsvereinbarungen notwendig seien, um die Beschäftigung behinderter Menschen im allgemeinen Arbeitsmarkt weiter voranzubringen. Auch die neuen gesetzlichen Regelungen durch die Änderungen des Sozialgesetzbuches IX eröffneten hier weitere Möglichkeiten. Das Land vergebe jährlich einen Landespreis an Unternehmen für vorbildliche Beschäftigung schwerbehinderter Menschen.
Einige Stellungnahmen hätten sich auch mit der Situation in den Werkstätten für behinderte Menschen beschäftigt, so der Staatssekretär. „Ist die Zukunft der Werkstätten gesichert?“ oder „Wie sehen Sie die Vermittlungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt?“ seien Fragen, die von Seiten der Werkstatträte gestellt wurden. Insbesondere in Zeiten hoher allgemeiner Arbeitslosigkeit würden Werkstätten für Menschen mit Behinderungen mit ihren sicheren Arbeitsplätzen weiter gebraucht, erklärte der Staatssekretär. Allerdings müssten die Anstrengungen zur Vermittlung behinderter Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt weiter intensiviert werden. Dafür sei ein großes Potential vorhanden. Das Ministerium sehe eine große Chance für die Erreichung dieses Ziels in der Gründung von Integrationsbetrieben. Er appellierte an die Werkstattträger, sich dieser Entwicklung nicht zu verschließen, sondern den Weg mit zu gehen, weil er in die Zukunft weise.
Große Sorgen bereiten die Streichung des Zusatzbarbetrags für Heimbewohnerinnen und -bewohner und die zusätzlichen finanziellen Belastungen durch die Gesundheitsreform. Trotz Verständnisses für die möglicherweise schwierige Situation im Einzelnen verwies der Staatssekretär darauf, dass damit auch eine Gleichstellung des ambulanten und des stationären Bereichs erreicht werde. Auch trat er dem weit verbreiteten Vorurteil entgegen, dass ein hoher Hilfebedarf behinderter Menschen selbstverständlich ein Leben im Heim notwendig mache. „Zahlreiche Modelle im ambulanten Bereich, wie die persönliche Assistenz, beweisen das Gegenteil“, so Auernheimer.
Die Bilanz des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen 2003 sieht der Landesbeauftragte sehr positiv. Gemäß dem Motto der Abschlussveranstaltung gehe es „gleich weiter“, um die Ziele des Europäischen Jahres - Teilhabe verwirklichen, Gleichstellung durchsetzen und Selbstbestimmung ermöglichen - zu erreichen. In diesem Sinne werde sich die Landesregierung auch weiter für die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anti-Diskriminierungsgesetzes einsetzen.